Nofretete in Berlin © K. Glas

Starke Frauen für starke Familien

19.06.2010


Krippenplätze, Ganztagsschulen, Ganztagsbetreuung - Dauerbrenner in den Schlagzeilen. Wie sehe ich meine Aufgabe als Frau und Mutter in der Familie? Was ist für mich wichtig? Wo will ich Akzente setzen?

 

Verschiedene Lebenswege

"Was haben meine Kinder von einer Mutter, die zwar den ganzen Tag bei ihnen zu Hause, dabei aber unzufrieden ist?" So fragte mich eine Nachbarin vor fast 20 Jahren, als sie sich für eine Kinderfrau und ihren Job entschied. Heute ist sie Ministerialrätin und verwaltet den öffentlichen Haushalt von Nordrhein-Westfalen, und aus ihren beiden Kindern sind patente Menschen geworden, die selbstbewusst ihren Weg gehen. Eine Lebensentscheidung.

Daneben sehe ich meine Kusine, die ganz und gar in ihrer Familie aufgeht, ihren erlernten Beruf mit dem der Hausfrau tauschte und dies auch nie bereute. Ärgern tut sie sich eigentlich nur, wenn sie in dieser Rolle von der Umwelt nicht "für voll" genommen wird. Ein anderer Lebensweg.

 

Ich hatte mich "eingerichtet" ...

Auch für mich war und ist meine Familie das Wesentliche in meinem Leben. Als unser Ältester geboren wurde, war es für mich selbstverständlich, dass ich meinen Beruf aufgab und zuhause blieb. Und es war keine leidige Notwendigkeit oder Pflicht, ich empfand es immer als wunderbares Privileg, seine Entwicklung hautnah miterleben zu dürfen: die ersten Schritte, die ersten Worte, aber auch die Alltäglichkeiten des Familienlebens. Dann kam der Zweite dazu, und das Leben wurde noch bunter. Als sie dann größer und selbstständiger wurden, begann ich, von zu Hause aus für Verlage zu arbeiten. Eine ideale Lösung, wie ich noch heute finde, da ich Arbeit und Familie problemlos miteinander verbinden konnte. Ich war immer "vor Ort", bei jeder Frage ansprechbar - und doch eröffnete mir diese Arbeit einen gewissen Freiraum, eine berufliche Bestätigung und nicht zuletzt auch finanzielle Unabhängigkeit. "Das mache ich, bis ich 45 bin", sagte ich eines Tages (und noch einige sichere Jahre von diesem Datum entfernt) aus einer Laune heraus zu meinem Mann.

 

Neue Nuancen

Insgesamt war ich mit meinem Leben zufrieden, man hatte es sich bequem eingerichtet, und eigentlich wollte ich daran auch gar nichts mehr ändern. Aber der liebe Gott hört eben auch die manchmal beiläufig dahingesprochenen Worte. Unsere Kinder waren inzwischen schon etwas älter, der eine kurz vor dem Abitur, größere Schwierigkeiten gab es weder schulisch noch sonst bei ihnen, da bot man mir - nach einer Familienpause von fast 18 Jahren! - eine Stelle in meinem eigentlichen Beruf als Lehrerin an. Mein erster Schultag nach den Sommerferien fiel exakt auf meinen 45. Geburtstag! Nun bin ich seit zwei Jahren mit einer halben Stelle dabei, und mein Leben ist noch einmal bunter geworden. Sicher, der Beruf hat einiges verändert. Natürlich ist es nicht einfach, immer alles unter einen Hut zu bringen, und es bleibt auch im Haushalt schon mal etwas liegen, aber zugleich ist es eine ungemeine Bereicherung. Die vielen jungen Leute, die nun plötzlich mit zu meinem Leben gehören; die Überraschung, zu was man selbst doch in der Lage ist; die Kontakte im Kollegium; jeden Tag passieren so viele Dinge ... Wie gesagt, mein Leben hat dadurch noch einmal etliche Nuancen dazu gewonnen, die ich vorher vielleicht nicht vermisst hatte, auf die ich jetzt aber nicht mehr verzichten möchte.

 

Kein Patentrezept, bitte

Ja, werden Sie sagen, aber das ist Ihr persönlicher Lebensweg, so etwas lässt sich doch nicht verallgemeinern. Richtig. Genau so ist es: Wir können doch eigentlich nie sagen, dass das, was für den einen richtig ist, auch für alle anderen richtig sein muss. Das ist es auch, was mich an all der Diskussion um Krippenplätze, Ganztagsschulen und so weiter fürchterlich stört. Da meinen Journalisten, Reporter und nicht zuletzt Politiker, immer eine einzig richtige Lösung für alle präsentieren zu müssen. Aber es gibt nun mal kein Patentrezept für alle!

 

Jeder Mensch hat seinen eigenen Lebensplan. Diesen zu erspüren und - manchmal durchaus mutig - umzusetzen, darauf sollte es uns ankommen.

 

Andrea Evers
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen, 3/2007
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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