Zeit haben - Neustadt/Weinstraße © K. Glas

Der Tag hat genügend Zeit

25.12.2009

Die Partnerschaft, die Familie, die Arbeit, das Ehrenamt in Pfarrgemeinde oder im Verein und am Ende auch noch Zeit für mich selbst. Alles ist mir wichtig und nichts möchte ich missen. Dies gelingt mir nicht immer und meist auch nur ansatzweise. Mit einer klaren Tagesgestaltung in der Familie gelingt es uns dennoch, manches unter einen Hut zu bringen:

 

Gemeinsam den Tag beginnen

 

Mit einem gemütlichen Frühstück beginnen wir als Familie den Tag. Dafür müssen wir zwar etwas früher aufstehen, aber der gemeinsame Tagesbeginn in der Familie, mit kurzem Morgengebet ist uns wichtig. Elementarer Teil des Frühstücks ist der sogenannte „Tagesbefehl“.

Wir gehen gemeinsam den Tag für jedes Kind durch. Dies bringt den Kindern Klarheit für den Tag und mir die Möglichkeit, an der Tagesgestaltung der Kinder teilzuhaben. Sobald die zwei Großen sich auf den Schul - weg gemacht haben, bringe ich den Jüngsten in den Kindergarten. Diese kurze Zeit mit ihm genieße ich sehr, denn so haben wir doch ein paar Minuten für uns und können uns unterhalten. Außerdem kann ich da - durch wenigstens den Besuch des Kindergartens ein wenig an seiner Lebenswelt teilnehmen: ich kenne seine Erzieher(innen), seine neusten Bilder, einige seiner Freunde, ... Diese Morgengestaltung wird durch meinen kurzen Arbeitsweg möglich, der nur 10 bis 15 Minuten dauert. So kann ich trotz des ausführlichen Morgenprogramms kurz nach acht Uhr am Arbeitsplatz sein. Auch wenn ich mit einem klassischen Achtstundentag meist nicht hinkomme, gebe ich mir größte Mühe, zum Abendessen zwischen 18 und 19 Uhr wieder zu Hause zu sein. Notfalls nehme ich mir eben noch unerledigte Arbeit mit nach Hause.

 

Gemeinsam den Tag beenden

 

Mit dem Abendessen beginnt der Tagesabschluss mit den Kindern. Wir sprechen über das Erlebte am Tag, die beim „Tagesbefehl“ genannten Punkte tauchen teilweise wieder auf. Das anschließende Vorlesen, das Abendgebet und das ins-Bett-bringen ist nicht nur mir, sondern auch den Kindern wichtig. Das Kuscheln oder Power- Kuscheln (Prügeln und Kitzeln) im Bett ist ein absolutes Muss. Das Ehrenamt in der Pfarrgemeinde versuche ich – soweit wie möglich – später als 20 Uhr zu legen, damit mir der Tagesabschluss mit den Kindern bleibt. So wie wir mit den Kindern den Tag gemeinsam beginnen und beenden, so gestalten wir den Tag auch als Paar. Wenn alles erledigt ist, setzen wir uns zusammen – dies ist nicht immer leicht, weil auch wir dann ganz schön erledigt sind und der Fernseher dann Entspannung verspricht, aber Gott sei Dank ist das Programm so schlecht, dass das Ausschalten meist gar nicht so schwer fällt ...

 

Positiver Stress

 

Häufig bin ich überrascht, wie diese dichte Tagesgestaltung leistbar ist. Solange die Anstrengung, der sogenannte Stress, ein positiver ist, wenn es in den einzelnen Bereichen positiv ist und mit jeder Anstrengung wenigstens ein kleiner Erfolg zu beobachten ist, dann hält mir meine Familie den Kopf frei von der Arbeit und umgekehrt; ich kann mich sehr schnell erholen und erlebe meine Arbeit als Teamleiter in der Produktionsplanung als erfüllende Herausforderung. Wird der Druck (meist unbeeinflussbar von außen) größer, können Partner und Familie bis zu einem gewissen Grad ein Ausgleich sein.

 

Gefährlich wird es jedoch, wenn diese Balance gestört ist und die Belastung auch in die Partnerschaft und in die Familie hinein getragen wird. Spätestens dann ist wieder Zeit für eine Korrektur und ein neues Justieren der Aktivitäten. Die Prioritäten müssen wieder richtig gesetzt werden – auch wenn der Chef oder der Pfarrer der Gemeinde eventuell enttäuscht sein werden. In diesem Sinne kann der Versuch Partnerschaft, Familie, Ehrenamt und Beruf unter einen Hut zu bekommen, für die Karriere hinderlich sein. Dies erfordert auch teilweise eine bewusste Priorisierung zwischen den Lebensbereichen. Andererseits erweisen sich das Engagement in Familie und Ehrenamt für mich auch immer wieder als karriereförderlich, da es vor allem die social skills - die sozialen Fähigkeiten - sind, die zunehmend gefordert werden. Diese Fähigkeiten kann ich dank Familie und Ehrenamt einüben. Hier habe ich auch heute noch ein weites Lern- und Übungsfeld. 

 

M. H.
Aus: unser weg, Schönstatt Familienmagazin, 4/2007
www.unserweg.com

 


 

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