Ankommen-Abfahren: Washington DC, U-Bahnstation, © H. Brehm

Erfahrungsbericht: Nach Trennung und Scheidung

27.10.2009


Seit 24 Jahren bin ich verheiratet und habe drei Kinder im Alter von 22, 20 und 13 Jahren. Ich lebe seit vier Jahren getrennt von meinem Mann und bin seit zwei Jahren geschieden. Meine Töchter leben bei mir.

 

Als mein Mann und ich uns getrennt hatten, dachte ich: Jetzt ist alles vorbei. Für mich brach eine Welt zusammen. Meine Schwester sagte zu mir: „Du gehst doch immer zur Kirche, warum gehst du jetzt nicht dahin?" - „Weil ich mich so schäme", antwortete ich. Und dann ging ich doch wieder in die Kirche. Das war meine Rettung.

 

Bis es zur Trennung kam, war unser Familienleben eine Berg- und Talfahrt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Kurz nach unserer Eheschließung erkrankte mein Mann an einer Darmentzündung, die psychosomatisch bedingt war. Nach seiner Behandlung sagte der zuständige Professor im Abschlussgespräch zu mir, dass es nicht möglich gewesen sei, an meinen Mann heran zu kommen. Das erlebten wir auch zu Hause. Da war fast keine Beziehung. Wir hatten viel Angst.

 

Die Sehnsucht nach einem richtigen Familienleben ist während der ganzen Jahre nicht gestorben. Wir sind nicht leichtfertig auseinander gegangen. Ich hatte immer Hoffnung und sagte mir lange: Das hältst du noch aus! Wir gingen zur Eheberatung. Für ein paar Wochen ging es besser daheim, doch dann eskalierte es wieder. Für die Kinder war es am schwersten. Sie baten mich, endlich etwas zu tun. Da sah ich die Notwendigkeit einer Trennung ein.

 

Nach der Trennung hatte ich das Gefühl, versagt zu haben. Freunde und Bekannte halfen uns aus dem ersten Tief heraus. Die Kinder und ich rückten immer mehr zusammen. Wir lebten zum ersten Mal miteinander Familie. Wir gingen gemeinsam in die heilige Messe, aßen miteinander und diskutierten am Tisch. Wir spielten zusammen und selbst die Arbeit wurde ohne Murren aufgeteilt. Wir lebten das, was wir uns immer gewünscht hatten.

 

Einige Monate später kam ich nach Schönstatt zum Wochenende für Frauen nach Trennung oder Scheidung. Und hier erfuhr ich Annahme. Ich durfte so sein wie ich bin. Ich durfte meine Fragen stellen und war einfach zu Hause. Ich bekam neu ein Selbstwertgefühl geschenkt. Das erste Mal seit Jahren hatte ich das Gefühl, richtig zu sein.

Im Urheiligtum fühlte ich mich von der Gottesmutter angesehen und angenommen.

 

Wenn ich damals nicht nach Schönstatt gekommen wäre, weiß ich nicht, was aus mir geworden wäre - bestimmt nichts Gutes. Ich wäre total verhärtet. Ich hätte meinem Mann auch nicht vergeben können. Noch bin ich nicht so weit, aber ich glaube, dass ich einmal so weit kommen kann.

 

Aus: UNSER WEG, Schönstatt Familienmagazin, 1/2006

www.unserweg.com


 

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