Pendelsicherheit im Hochseilgarten, Volkersberg © G. Glas

Mutters Draht nach oben

08.09.2009

Mitte Februar kam unser ältester Sohn zu mir und erzählte mit sorgenvoller Miene, dass er wohl bald seine Arbeit verlieren werde. Die Geschäfte in seiner Firma seien rückläufig, und der Chef mache ihn dafür verantwortlich. Er habe so sehr unter Mobbing zu leiden, dass es unerträglich sei; sein Selbstwertgefühl sei am Boden.

Schon seit einiger Zeit war mir aufgefallen, wie sehr sich unser Sohn verändert hatte. Er war stiller als sonst und schien des Öfteren "abwesend". Die Ungewissheit quälte ihn. Verschiedene Bewerbungsversuche waren fehlgeschlagen. Das nächste Vorstellungsgespräch sollte in einer Woche stattfinden. "Bitte, Mama, denkst du dann an mich?"

"Ja, ja, unsere Mutter mit ihrem 'besonderen Draht' nach oben!" Wie oft hatte ich das schon gehört, meist gepaart mit einem milden Lächeln. Doch nun war es ihm ernst.

 

Nichts liegt mir mehr am Herzen, als unseren Kindern in dieser Weise zu helfen. Doch der "besondere Draht nach oben" war nicht immer so ausgeprägt wie heute. Lange - sehr lange - Zeit glaubte ich, alles selbst in die Hand nehmen zu müssen. Das Bewusstsein, dass Gott in meinem Leben eine Realität ist, musste erst ganz langsam wachsen. Der "Schule" Pater Kentenichs habe ich es zu verdanken, dass mir im Lauf der Jahre immer klarer wurde, wie nahe Gott mir ist. Ich brauche nichts ohne seine Mithilfe tun. Er hält die Fäden in der Hand. Er hält mich in der Hand. Und mehr noch: er wohnt in mir seit der Taufe. Heute weiß ich: ich bin für Gott so wichtig, dass er stets das Beste für mich vorsieht. Selbst dann, wenn es Leid bedeutet und ich auch nicht verstehe warum, weiß ich doch: für irgendetwas ist es gut! So bete ich in Krisensituationen oft: "Du, Gott in mir, wenn es sich mit deinen Plänen vereinbaren lässt, lass dies oder jenes geschehen. Wenn du es aber anders für mich vorhast, dann schenk mir die Kraft, das Schwere zu tragen."

 

In dem Gespräch mit unserem Sohn fiel mit ein Wort von Pater Kentenich ein, wo er sinngemäß sagt: Zwei Prozent müssen wir selber tun, die anderen 98 Prozent erledigt der liebe Gott, wenn wir ihm nur vertrauen. Ich erzählte, was das für mich bedeutet: Beten, Hoffnung haben, Gelassenheit, dass Gott das Richtige für uns entscheidet, egal wie es ausgeht.

Zusammen mit meinen beiden Schwiegertöchtern habe ich dann eine Neun-Tage-Gebet im Anliegen unseres Sohnes gebetet. Das war eine wunderbare Erfahrung, zumal ich damit gerechnet hatte, auf Ablehnung zu stoßen.

Inzwischen hat unser Sohn eine neue Stelle bekommen und sein Selbstwertgefühl ist wieder in Ordnung. Gott sei Dank!

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich mein Leben in dieser Weise mit Gott gestalten darf, mit Gott, meinem treuen Vater, der mich nie aus seiner Liebe entlässt. Das Bewusstsein seiner Realität ist für mich so wichtig wie die Luft zum Atmen!

 

B. S.
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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