www.schoenstatt.de - M.K. Fischer

Glaube, der stark macht - Bewegungsübungen für die Seele

09.09.2009


Von Kardinal Faulhaber wird erzählt, er sei bei einem Festessen neben dem großen Physiker Albert Einstein zu sitzen gekommen. Einstein fragte ihn: "Eminenz, was würden Sie sagen, wenn wir Naturwissenschaftler Ihnen rechnerisch einwandfrei beweisen würden, dass es keinen Gott gibt?" Darauf soll der Kardinal geantwortet haben: "Ich würde in Geduld warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben."

 

Erleben, was lebendiger Glaube ist

Hinter einer solchen Reaktion steht die felsenfeste Überzeugung, dass Gott existiert. Die Nähe eines tief gläubigen Menschen hilft auch anderen zu glauben. Viele haben das an Pater Kentenich erlebt. Ein Priester, der als junger Mann mit ihm im KZ Dachau inhaftiert war, erzählt: In seiner Nähe ging mir zum ersten Mal auf, was "lebendiger Glaube ist, ... Glaube daran, dass Gott ... durch alles uns seine Liebe offenbart, seine ganz urpersönliche Liebe ... Dass er nicht weit weg ist, sondern dass er da ist, dass er überall da ist und in allem von morgens bis abends am Werk ist, und zwar auf den Menschen, auf dich und mich urpersönlich eingestellt ist." (Heinz Dresbach).

Unser Gründer hat oft darauf hingewiesen, wo für ihn die Wurzel dieses unerschütterlichen Glaubens lag: es war das Liebesbündnis mit Maria. Sie lässt uns Gott erfahren, wie er wirklich ist (vgl. Begegnung 2/2007): als den Vater, der uns persönlich liebt und führt. Maria hilft uns auch, uns im konkreten Leben auf diese Liebe einzulassen und uns immer mehr in Gott hinein loszulassen.

 

Ausschwingen im Lebensrhythmus Gottes

Pater Kentenich hat das im Blick auf die konkreten Alltagsereignisse deutlich gemacht:

"Ich soll keine Ruhe lassen, bis mein persönlicher Lebensrhythmus ausschwingt im Lebensrhythmus Gottes. Was heißt das praktisch? Ich muss das herausholen, was in dem Ereignis steckt, was der liebe Gott mir sagen will. Also meinetwegen, ... ich habe halt Pech im Geschäft gehabt, Tausende auf einmal verloren. Sehen Sie, jetzt geht es nicht an, dass ich hinausgehe und mich betrinke ... Jetzt ist die Frage: Lieber Gott, was willst du dadurch, und was soll mein Herz jetzt daraufhin sagen?"

 

Es ist ein Unterschied, ob jemand mehr allgemein an Gott glaubt oder im "Ernstfall", wenn die Situation sich zuspitzt; wenn etwas eintritt, was Angst oder doch Unsicherheit verursacht; wenn die Dinge ganz anders - schlechter - verlaufen, als wir es uns vorgestellt haben. In solchen Augenblicken kann es schwer sein, sich Gott zu überlassen. Aber gerade hier brauchen wir ihn am meisten.

Um zu zeigen, worauf es dann ankommt, verweist Pater Kentenich auf natürliche Mittel: Manche, die innerlich aufgewühlt und aggressiv sind, setzen sich ans Klavier und reagieren sich auf diese Weise ab. Andere können sich helfen, indem sie einen Waldlauf machen. "Sehen Sie, der Mann, der jetzt in den Wald geht, wird daher stampfen, laufen, was er kann - und das wütet noch alles so in ihm, nicht? Aber es dauert nicht lange, da nimmt er die Ruhe des Waldes in sich auf. Was nimmt er auf? Den Rhythmus des Waldes." (J. Kentenich)

 

Die beruhigende Wirkung des Waldes: Ähnlich wie die Bäume Schadstoffe in der Luft mit Hilfe der Sonnenenergie in Sauerstoff umwandeln können - die sogenannte "Photosynthese" -, nimmt die Ruhe des Waldes gewissermaßen unsere seelischen Schadstoffe - die Aggression, die innere Unruhe - auf und wandelt unseren Zustand. Der seelische Druck lässt nach, wir können wieder freier „durchatmen".

Die Kunst des inneren Lebens liegt darin, in ähnlicher Weise die innere Seelenlage ausschwingen zu lassen im "Lebensrhythmus Gottes". Viele - auch gläubige Menschen - können das nicht. Sie sagen stattdessen, wenn etwas Schweres kommt: "Pech gehabt! Schrecklich! Schon wieder mal! - und sind dann verletzt. Oder andere sind Gott weiß wie gedrückt: Das Brav- und Gutsein hat ja doch keinen Zweck, dem und dem geht's besser als mir! ... Sehen Sie, wie bespreche ich das jetzt mit dem lieben Gott? Wie sorge ich dafür, dass mein Lebensrhythmus ausschwingt im Lebensrhythmus Gottes?" (J. Kentenich)

 

Ein geistlicher "Waldlauf"

An dieser Stelle zeigt sich die große Kraft des Liebesbündnisses. Die Begegnung mit der Gottesmutter hat eine befreiende Wirkung auf unser Inneres. So wie der Wald voll von gesunder Luft ist, ist Maria durch und durch erfüllt von Gott. In ihr, aus ihr ist Gott ja Mensch geworden. "Hier liegt Gott in der Luft", meinte ein Kardinal, der nach Schönstatt kam. Das ist die Atmosphäre, die von der Nähe Mariens ausgeht.

So vollzieht sich eine Art geistlicher "Photosynthese": Die "verbrauchte Luft" in unserer Seele, die Schadstoffe werden umgewandelt in "Sauerstoff", in Lebenskraft und Lebensmut durch die Energie jener "Sonne", die Maria in sich trägt und vermittelt: die Sonne Christus, der uns die Liebe des Vaters erfahrbar macht. Diese Liebe wandelt unser Leben.

 

Aber auch im seelischen Leben ist es wie beim richtigen Waldlauf: Dort müssen wir uns innerlich in Bewegung setzen, müssen auch wirklich durch den Wald laufen, damit er seine heilende Wirkung auf uns ausüben kann.

So ist es auch beim geistlichen "Waldlauf": Pater Kentenich spricht davon, wir sollten "mit einer gewissen Einseitigkeit den Erbarmungswegen Gottes nachpilgern ... Sie müssen überhaupt sehen, dass Sie eine große Liebe in Ihr Leben hineinbekommen." Wir sollen die Ereignisse bis zu dem Punkt durcherleben, wo sie aus der Liebe Gottes hervorströmen: "Mach die Seele tief erfüllt mit der Lieb, die dir entquillt", formuliert er in einem Gebet.

 

Manchmal geht das so richtig gut. An manchen Tagen aber scheint es unmöglich zu sein. Dann rät Pater Kentenich zu einer dreifachen Frage:

 

Drei Fragen, die wie Tore sind

- Wo war ich heute blind für die Liebeszeichen Gottes, wo habe ich die kleinen Dinge übersehen, weil ich auf   Besonderes, Außergewöhnliches fixiert war?

-  Wo war ich heute stumm Gott gegenüber? Trotzig-stumm, weil Gott anders handelte, als ich es wolle; stoffelig-stumm,   weil ich seine Aufmerksamkeiten wie eine Dienstleistung so selbstverständlich wie eine Dienstleistung beansprucht   habe; ausgelaugt-stumm, weil ich mich zu sehr von der Mühle des Alltags treiben lasse; ausgegossen-stumm, weil ich   von einer Ablenkung in die andere fliehe und an der Oberfläche lebe?

- Wo war ich heute taub für die leise Stimme Gottes, die vielleicht durch die Bemerkung eines anderen, ein Wort, einen Film, eine innere Anregung zu mir sprach?

 

Jede dieser Fragen kann uns zurückführen an Punkte, wo wir noch einmal genauer hinschauen können, noch einmal aufmerksamer hinhören oder Gott ein Wort der Liebe sagen können, das wir tagsüber versäumt haben. Nicht selten wird Gott uns dann am Ende eines Tages Ereignisse und Erlebnisse in ganz neuem Licht zeigen, im Licht seiner persönlichen Liebe zu uns.

Und wer diese Liebe entdeckt, wird stark - stark im Glauben, stark in der Liebe, stark im alltäglichen Leben.

 

Sr. M. Nurit Stosiek
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen, 3/2007
www.zeitschrift-begegnung.de

 


 

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