Navigationssystem © K. Glas

Was ich vom "Navi" lerne

06.09.2009

 

Es ist dunkel und unfreundlich draußen, es nieselt, und ich mache mich auf den Weg zu einer Kollegin, bei der ich noch nie war, irgendwo mitten in der Eifel. Früher hasste ich so etwas, heute lehne ich mich gemütlich in meinem Auto zurück, stelle das Navigationssystem ein, fahre völlig entspannt los und freue mich auf den Abend. Aus mit dem Herzklopfen, wo man landen wird. Aus mit dem verzweifelten Blättern in Stadtplänen und Landkarten. Aus mit dem hilfesuchenden Nachfragen bei Passanten, die auch nicht Bescheid wissen! "Biegen Sie in 50 Metern rechts ab", flötet die Stimme aus dem Navi, und ohne Zögern folge ich den Anweisungen. Eine geniale Erfindung. Da ist jemand, der mich durch die Dunkelheit leitet, mir den Weg weist, dabei sogar noch angibt, wie lange es dauern wird, bis ich das Ziel erreiche. Wenn es so etwas nur auch im übrigen Leben gäbe, denke ich mir.

Und da fällt mir plötzlich unsere Jahreslosung ein: "Du wirst geführt!" Ja, Gott führt uns, er ist unser innerstes Navigationssystem, wir müssen uns ihm nur anvertrauen. Und doch, so meldet sich ein kleiner Zweifel in mir, ganz so klar und eindeutig wie bei der Stimme in meinem Auto kommen Gottes Anweisungen ja nicht immer bei uns an. Woran liegt das?, überlege ich, während ich durch die dunkle Nacht fahre.

 

Bei meinem Navi gibt es drei Dinge, die man unter keinen Umständen außer Acht lassen darf. Erstens: Man muss seinem Navi bedingungslos vertrauen. Anfangs meinte ich schon mal, ich wüsste es besser, und schlug einen anderen Weg ein. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass dies meist nicht zum Ziel führt und man irgendwo landet, wo man gar nicht hin wollte. Aber zum Glück ist das Navi nicht nachtragend, wenn wir seinen gutgemeinten Vorschlägen nicht gefolgt sind, sondern holt uns - noch dazu ohne Vorwurf - wieder da ab, wo wir gestrandet sind, und führt uns auf den rechten Weg zurück.

Zweitens: Man darf das Radio nicht lauter stellen als das Navi. Wenn wir die Stimme aus dem Satelliten übertönen, nützen die besten Routenbeschreibungen nichts; wir hören sie erst gar nicht und verlieren den Weg.

Drittens: Man darf sich durch das "Schnattern" seiner Mitfahrer(innen) nicht ablenken lassen. Sonst kann es sein, unsere Aufmerksamkeit gehört plötzlich anderen Dingen als der Straße, und prompt kriegt man eine wichtige Ansage nicht mit. Das heißt: Fröhliche Geselligkeit ist gut, aber nicht, wenn man sich besser auf andere Dinge konzentrieren sollte.

 

Grundvoraussetzung für eine sichere Reise sind also Vertrauen und aufmerksames Hinhören. Und genauso muss es sein auf dem Weg durch unser Leben: Gott führt uns, aber wir müssen offen dafür sein. Es darf nicht unentwegt so laut um uns herum werden, dass wir in all dem Lärm und Getümmel Gottes Botschaften nicht mehr hören. In der Stille dringen sie oft viel besser an unser Ohr als im Getriebe des Alltags. Schaffen wir uns also Zeiten der Ruhe, wo wir unsere Seele auf die Wellenlänge seiner Worte ausrichten.

 

Das Wichtigste jedoch ist unser absolutes Vertrauen in Gott. Wie oft meint man, es besser zu wissen, einen einfacheren Weg zu kennen, lieber ausgetretenen Pfaden zu folgen, als eine noch verschlossene Tür zu öffnen! Und dabei fühlt man manchmal ganz tief unten in seiner Seele, dass Gott etwas anderes gemeint hat für uns. Diesem Gefühl nachzuspüren und sich dann auch auf unbekannte Wege einzulassen, das bedeutet, sich von ihm führen zu lassen. "Nicht alle unsere Wünsche erfüllt Gott, aber all seine Verheißungen", hat es einmal Dietrich Bonhoeffer formuliert. Gott führt uns sicher durchs Leben. Vielleicht nicht immer auf den Straßen, die wir gewählt hätten, aber am Ende - da bin ich mir sicher - wird es auch dort für uns heißen: "Sie haben das Ziel erreicht!"

 

Andrea Evers
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen,1 /2009
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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