Schmetterling © K. Glas

Erfahrungsberichte: Schritte zu mehr Lebensfreude

25.08.2009


Es gibt eine interessante Beobachtung: Das Empfinden von Lebensfreude hängt im Grunde nur zu etwa 20 Prozent von äußeren "glücklichen" Umständen ab, alles andere entscheidet sich in unserem Innern, durch die Art unserer Einstellung zu Dingen, Entwicklungen, Personen. Je nach dem, was ich an inneren Freudenquellen, an inneren Vorzeichen aktiviere, kann ich auch in weniger günstigen Umständen eine tiefe Lebensfreude haben.

Einige Frauen erzählen aus ihrem Erfahrungsbereich.

 

Ein Mosaik aus vielen Steinen

Als ich mich mit meiner Tochter über das Thema Lebensfreude unterhielt, meinte sie: "Positives Denken führt zu Lebensfreude." Was ist aber, wenn das Leben überhaupt nicht mehr positiv verläuft? Unser Freund, ein junger Familienvater, ist sterbenskrank. Aufgrund seiner Krankheit leidet er unter Atemnot und kann sich kaum bewegen. Als ich ihn vor ein paar Tagen besuchte und mich nach seinem Befinden erkundigte, sagte er: "Es geht mir gut!" Er ist dankbar für seine Kinder, er liebt seine Frau und freut sich, dass er noch ein paar Stunden am Computer für die Firma arbeiten kann. Es wird immer weniger, was er vom Leben hat, aber er ist nicht verbittert oder frustriert. Für mich ist unser Freund ein Vorbild. Wie oft lassen wir uns die Lebensfreude nehmen, weil irgendetwas nicht optimal läuft? Die Zimmerdecke ist noch nicht fertig, die Kinder folgen nicht, der Frühling lässt auf sich warten ... Alles Kleinigkeiten - statt dass wir die Momente genießen, die das Leben uns schenkt.

 

Für mich sind Quellen der Lebensfreude die Liebe meines Mannes, der mich mit meinen Schwächen annimmt. Ich freue mich, dass unsere Kinder so gut gedeihen und bin zutiefst dankbar dafür. Ich liebe die Natur und freue mich morgens schon an den Vögeln vor dem Fenster, wie sie jetzt ihr Nest bauen, und mit den Kindern habe ich schon den Frühling gesucht. Ich mache leidenschaftlich gern Musik und fahre gern mit meinem Mann Motorrad. Trotzdem leben wir einfach, und "Events", die Geld kosten, sind bei uns die Seltenheit. Ein Kerzenbad mit Musik für eines der Kinder zum Beispiel, ein gemeinsam gebautes "Lichterschloss" aus Schnee im Garten oder ein selbstkreierter griechischer Abend kosten eigentlich (fast) nichts. Mir macht es Spaß, meine Lieben zu überraschen - und Gott sei Dank gehen mir die Ideen da nicht so schnell aus. Ja, ich erlebe es so: Das Glück ist ein Mosaik, das aus vielen kleinen Steinchen zusammengesetzt ist.

S.B.

Die Gnade des erfüllten Augenblicks

Immer wieder gibt es Zeiten im unserem Leben, da scheint alles um einen herum trüb und düster. So war es bei mir in den letzten Tagen: Zu Hause lief nichts so rund, wie es sollte, am Arbeitsplatz versank alles im Chaos und die Zeitungsnachrichten taten ihr Übriges - eine Schreckensbotschaft jagte die nächste: Sinnlose Gewalt, Unfälle, Katastrophen, und dazu die wenig aufmunternde Wirtschaftslage. Kein Wunder, wenn einem da alles trostlos erscheint!

 

So saß ich dann am späten Morgen am Küchentisch und blätterte in einer Zeitschrift, die mein Mann von einer Reise nach England mitgebracht hatte. Heute, an meinem freien Tag, kam ich endlich dazu, sie anzuschauen. Gleich auf der ersten Seite stutzte ich. Auch in England krankt die Wirtschaft gewaltig, und das Pfund ist so tief gefallen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und trotzdem stand da "... aber auch diese schwierigen Zeiten haben ihr Gutes. Wir unternehmen wieder mehr in den Familien, kochen öfters mit Freunden, statt in Restaurants zu gehen und werfen weniger Dinge weg." Kein Lamentieren und Klagen, nein, da sprach man von den guten Seiten, von den Chancen, die sich uns selbst in Krisenzeiten bieten.

 

Der Kaffee schmeckte mir schon gleich besser, und ich ließ meinen Blick versonnen nach draußen gleiten. Im Garten sah ich unseren kleinen Kater, wie er sich in der ersten Frühlingssonne wohlig im Gras wälzte. Eine vorwitzige Biene summte über eine Primel, und schon sprang er in großen Sprüngen hinterher. Er genoss sein Katzenleben in vollen Zügen. Mit meiner Kaffeetasse gesellte ich mich nun zu ihm und freute mich draußen auf der Terrasse ebenfalls an dem sonnigen Tag. Die heitere Freude, die ich dabei empfand, muss das Gefühl sein, das jemand einmal so treffend "die Gnade des erfüllten Augenblicks" genannt hat ...

 

Nachmittags hieß es dann Hosen und Schuhe kaufen mit unserem 17-jährigen Sohn. Nach einigem Suchen und Probieren standen wir beide dann an der Kasse, zufrieden zwar, dass wir alles gefunden hatten, aber auch leicht erschöpft von all dem Getriebe, das in den Kaufhäusern eben so herrscht. Und so warteten wir, bis wir endlich an der Reihe waren. Die Kassiererin, eine etwas beleibte Dame Mitte 50, hatte wohl auch schon einen langen Tag hinter sich. Einsilbig tippte sie die Preise ein und schob dann lustlos, ohne aufzusehen, die Ware in die Tüte. Ich wollte ihr gerade ebenso müde und automatisch das Geld hinreichen, als mein Blick an ihr hängen blieb. "Ach, Sie haben aber ein schönes Halstuch um! So etwas gibt es hier wohl nicht zu kaufen?", rutschte mir heraus. Zunächst keine Reaktion, sie packte unverwandt weiter, dann hielt sie plötzlich inne, schaute mich mit einem Mal erstaunt an und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Nein, das habe ich von einer Freundin." Und plötzlich schien ihre Müdigkeit wie weggeblasen und sie verabschiedete uns fast freundschaftlich. Selbst mein Sohn hatte diese Wandlung be-merkt und meinte anschließend: "Die hast du eben ja richtig aufgeweckt!" Wie so ein paar Worte, manchmal auch nur ein Lächeln doch unseren Alltag verändern können! Beschwingt kehrten auch wir zum Auto zurück.

 

Als ich abends vor dem Schlafengehen den Tag noch einmal Revue passieren ließ, waren für mich das Lächeln der Verkäuferin und die Bocksprünge unseres Katers definitiv die Highlights des Tages. Kleine, unscheinbare Situationen, die die grauen Schleier unserer Sorgen beiseite schieben und uns kleine Freuden schenken. Die uns offen machen für den Blick auf das Schöne um uns herum. Es gibt sie mannigfach und überall, wir müssen nur richtig hinschauen, um sie zu erkennen. "Jedes kleine Ereignis unseres Lebens ist ein Gruß des Vaters", sagt Pater Kentenich. Ja, es gilt sie zu entdecken, die Grüße in unserem Leben, mit denen der liebe Gott uns immer wieder Freuden bereiten will und die uns auch durch schwierigere Zeiten hindurch helfen.

Andrea Evers

Echte Freude wächst von innen

An Zeiten, in denen wir Freude erleben, erinnern wir uns besonders gerne. In der Freude fühlt man sich wohl, im Augenblick der Freude sind alle seelischen Bedürfnisse erfüllt. Die Freude ist ein Lebensbedürfnis, eine Lebenskraft - unentbehrlich für die körperliche und seelische Gesundheit. Wir alle tragen diese Sehnsucht in uns, das emotionale Grundbedürfnis der Freude möglichst häufig stillen zu wollen. Im Blick auf unsere Gesellschaft stellen wir fest, dass unsere Freizeitkultur heute - über alle Medien - auf Spaß und Genuss ausgerichtet ist. Eine Fülle an Angeboten steht uns zur Verfügung, die aber oft oberflächlich sind und einer tiefen innerseelischen Freude entgegenstehen. So konsumieren wir die Dauerberieselung durchs Fernsehen, gehen in Fastfood- oder Luxusrestaurants, besuchen Wellnesseinrichtungen, Fitnessstudios und Schönheitssalons. Wir gönnen uns viele Sinnesfreuden, doch diese Freude geht nicht unter die Haut, berührt nicht längerfristig unser Herz. Hier mag ein Grund dafür liegen, warum die Gesichter vieler Menschen so wenig Freude ausstrahlen. Auf der Straße begegnen uns viele verdrossene, gehetzte, überarbeitete oder unzufriedene Mienen, wohin man blickt.

 

Im Zusammenhang mit "Lebensfreude" kommt mir meine im Januar verstorbene Schwiegermutter in den Sinn. Wenn ein Begriff sie besonders charakterisieren kann, dann ist es die Lebensfreude. Wir durften in ihr einen Menschen kennen lernen, der wahre Lebensfreude ausstrahlte und bis in den Tod hinein überzeugend lebte. Über jeden Besuch konnte sie sich von Herzen freuen, und diese ihre Freude war ansteckend. Sie war an uns allen persönlich interessiert, forderte uns auf, zu erzählen und besaß die Fähigkeit einer echten Mitfreude. Sie war eine Meisterin im Erzählen alter Familiengeschichten. Gekonnt und präzise malte sie die Erlebnisse aus, ließ die handelnden Personen auf eine sehr humorvolle Art und Weise immer großartig aussehen. Sie freute sich aber auch an den kleinen Dingen des Lebens, schwärmte vom satten Grün des Rasens und den ersten frischen Frühlingsblumen. In gemeinsamen Urlauben an der See durften wir keinen Sonnenuntergang verpassen.

Ihre Lebensfreude klammerte auch das Leid nicht aus. Sie umfing sozusagen das Leid in einer stillen frommen Hingabe und ließ es sich durch ihre positive Sichtweise wandeln. In ihrem Sterben wurde uns bewusst, dass ihre Lebensfreude in einer tiefen Kindlichkeit Gott gegenüber verankert war, dass hier die eigentliche Ursache ihrer Freude zu suchen war. Eines ihrer letzten Worte an uns lautete: "Vergesst mir den Heiland nicht!"

M.L.

Ein Schlüsselerlebnis, das mich bis heute froh macht

Vor etwa 20 Jahren, in einem Augenblick tiefer Verzweiflung, hatte ich das Glück, dass der liebe Gott mir direkt und unmissverständlich den Sinn meines Lebens gezeigt hat. Es war ein Erlebnis, das mich bis heute von innen heraus froh macht und stärkt. Es war im März 1990, ich war zum ersten Mal in Schönstatt, in Haus Marienland. Es ging mir damals gesundheitlich sehr schlecht und ich wollte einfach ein paar Tage allein sein und mich erholen. Ich kannte bis dahin weder den Wallfahrtsort Schönstatt noch war ich jemals mit der wunderbaren Spiritualität dieser geistlichen Bewegung in Berührung gekommen. Kurz vor dem Abendessen ging ich in die Eingangshalle und stöberte im Schriftenstand. Wahllos blätterte ich einige Hefte mit Neun-Tage-Gebeten durch und griff schließlich zu einem Flyer, der äußerlich betrachtet eher unscheinbar aussah. Als ich ihn aufschlug und die Zeilen der Innenseiten las, hatte ich plötzlich das Gefühl, etwas gefunden zu haben, was ich immer schon gesucht hatte. Ich war wie elektrisiert und dachte immer nur: "Das ist es! Wieso bist du nicht schon eher drauf gekommen?!" Wahrscheinlich hatten schon unzählige Menschen vor mir diesen Flyer zur Hand genommen und nicht sehr intensiv über den Inhalt nachgedacht. Doch für mich waren die Zeilen, die hier standen, der Anstoß, mein Leben grundlegend zu ändern. Bis heute zieht sich das, was ich damals in diesem Flyer gelesen habe, wie ein roter Faden durch mein Leben. Und wenn es mir mal nicht so gut geht, krame ich das kleine Heft hervor, in dem ich dieses Erlebnis ganz genau festgehalten habe. Dann erfüllt mich eine tiefe Dankbarkeit und Freude, dass und wie der liebe Gott mir meine persönliche Berufung gezeigt hat. Ein Schlüsselerlebnis, das ich - so oder so ähnlich - jedem Menschen wünsche.

 

Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen, 2/2008
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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