Unterwegs in Paris © M.Koch

Spannnungsfeld Beruf und Familie

25.08.2009

In meinem Umfeld gibt es immer weniger Frauen, die sich zwischen Beruf und Familie entscheiden wollen. Es muss doch ein „Sowohl - als auch" geben, nicht nur ein „Entweder - oder"? Der Karriere wegen ganz auf Kinder verzichten wollen die wenigsten. Aber ein Leben „nur" für „Kinder, Küche, Kirche" empfinden viele Frauen dauerhaft auch nicht immer als erfüllend. Die Modelle, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingen kann, sind so vielfältig wie die Familien selbst, die sie leben. „Patentrezepte" sucht man gerade in diesem Bereich vergeblich. Immer geht es letztlich um die Frage, wie sich die einzelne mit ihren Begabungen im familiären Umfeld einerseits und im beruflichen Kontext andererseits so einbringen und entfalten kann, wie es ihrer persönlichen Berufung entspricht - ohne dass dabei Wichtiges auf der Strecke bleibt. Hierzu einige Erfahrungen von Frauen, die diesen „Mittelweg" versuchen oder versucht haben:

 

-         Alicia, Informatikerin, zwei Kinder (3 und 6 Jahre): „Nach der Geburt meiner Kinder war ich jeweils ein Jahr ganz zu Hause. Danach bin ich mit 20 Wochenstunden in meiner alten Firma wieder eingestiegen. Die Kinder wurden in dieser Zeit durch eine Tagesmutter bzw. in der Kinderkrippe und im Kindergarten betreut. Ich hatte dabei ein gutes Gefühl und war froh, den beruflichen Anschluss gerade in meiner schnelllebigen Branche nicht ganz zu verpassen. Als mein Jüngster drei Jahre alt wurde und der offizielle Erziehungsurlaub endete, wollte mein Arbeitgeber allerdings dieses Teilzeitmodell nicht verlängern und verlangte von mir, mindestens 30 Wochenstunden zu arbeiten. Dies konnte ich aber mit der Familie nicht vereinbaren - es hätte bedeutet, dass ich meine Kinder unter der Woche kaum noch sehen würde - und so habe ich in einen Auflösungsvertrag eingewilligt. Ich bin nun wieder ganz zu Hause und überlege mir, in einiger Zeit eventuell als freie Mitarbeiterin wieder in meiner alten Firma zu arbeiten."

 

-         Sabine, Lehrerin, vier Kinder (zwischen 10 und 17 Jahren): „Nach meiner Ausbildung habe ich der Kinder wegen ganz auf eine Berufstätigkeit verzichtet und mich als „Familienmanagerin" mit einigen ehrenamtlichen Nebentätigkeiten auch ausgelastet und zufrieden gefühlt. Je älter unser jüngstes Kind wurde, desto mehr hat mich allerdings die Frage eines möglichen Wiedereinstiegs in das Berufsleben beschäftigt. Es ergab sich dann im vergangenen Schuljahr, dass ich als Schwangerschaftsvertretung mit neun Unterrichtsstunden pro Woche für einige Monate aushelfen und so wieder „Schulluft schnuppern" konnte. Diese Erfahrung war für mich sehr aufschlussreich. Organisatorisch war die Situation einigermaßen zu bewältigen: Mein Mann und die Kinder übernahmen einige zusätzliche Pflichten im Haushalt, und so konnte ich mir die Zeit für´s Vorbereiten und Korrigieren zu Hause auch in angemessenem Umfang nehmen. Es hat sich aber etwas anderes in dieser Phase verändert. Das, was ich zuvor als eine meiner großen Stärken als Ehefrau und Mutter erlebt habe, nämlich meine Begabung, mit meinen Lieben seelisch eng verbunden zu sein und zu einem großen Teil intuitiv zu erspüren, wie es ihnen geht und was ihnen fehlt - das ist mir als berufstätige Frau irgendwie nicht mehr in diesem Maß möglich gewesen. Mein Beruf hat so viel Zeit und Kraft von mir abverlangt, dass ich für diese zarte „Fühlungnahme" mit meinem Mann und meinen Kindern nicht mehr genügend Energie und Offenheit hatte. Diese Erfahrung hat mich schließlich veranlasst, nicht dauerhaft wieder in den Schuldienst zu gehen. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich seelisch ausgeglichener, stärker und dadurch auch glücklicher bin, wenn ich mich im ehrenamtlichen Bereich engagiere, wo ich das Maß meiner zeitlichen und kräftemäßigen Beanspruchung eher selbst beeinflussen kann als im Rahmen einer regelmäßigen Berufstätigkeit."

 

-         Henrike, Heilpraktikerin, drei Kinder (zwischen 2 und 6 Jahren): „Für mich war es immer ein Lebenstraum, mehrere Kindern zu haben. Und so war es für mich auch selbstverständlich, dass ich meinen Beruf hinten an stelle, solange die Kinder klein sind - ich wollte sie einfach selbst betreuen und erziehen und dies nicht anderen überlassen. Gleichzeitig liebe ich aber auch meinen Beruf und habe als Selbständige mit einer eigenen kleinen Praxis im Haus immer stundenweise (hauptsächlich abends und am Wochenende) gearbeitet, wenn mein Mann zu Hause war und mir die Kinder abnehmen konnte. Die Situation änderte sich schlagartig, als mein Mann arbeitslos wurde. Ich erhöhte sukzessive die Anzahl meiner Arbeitsstunden - mein Mann war ja zu Hause - merkte aber, dass ich mich nach wie vor für einen Großteil des Haushalts sowie für die Belange der Kinder verantwortlich fühlte und das „Ständig-um-die-Kinder-herum-sein" sehr vermisste. Diese Mehrfachbelastung übersteigt auf die Dauer meine körperlichen und seelischen Kräfte. Einen kompletten Rollentausch mit mir als Alleinverdienerin und einem „Hausmann" an meiner Seite kann ich mir nur notgedrungen vorstellen."

 

-         Beate, Lehrerin, drei Kinder (zwischen 3 und 7 Jahren): „Bei uns in der Großstadt ist es fast selbstverständlich, dass jede Mutter irgendeiner Berufstätigkeit nachgeht, sobald sie keinen Säugling mehr zu versorgen hat - schon allein wegen der hohen Lebenshaltungskosten. Als unser jüngstes Kind in den Kindergarten kam, musste ich mich in unserer Umgebung mehrfach dafür rechtfertigen, dass ich nicht sofort wieder arbeiten gehen wollte, sondern mir noch ein „Sabbatjahr" zu Hause genehmigte. Unterschwellig spürte ich, dass mich viele für einen Faulpelz hielten - ich aber fühlte mich mit meiner Familie, meinen Hobbys und meinem Engagement in der Pfarrgemeinde zufrieden und ausgelastet. Meine Freundin, die auf dem Land wohnt, berichtet mir quasi das Gegenteil. Hier gilt sie in ihrem Umfeld als „Rabenmutter", weil sie ihre noch relativ kleinen Kinder „fremdbetreuen" lässt und teilzeit berufstätig ist."

 

-         Clara, Juristin, zwei Kinder (2 und 5 Jahre): „Ich bin ein richtiger Familienmensch und habe mich nach der Ausbildung bewusst für eine Stelle als Beamtin entschieden, weil mir dies als die beste Möglichkeit erschien, Familie und Beruf als Frau irgendwie unter einen Hut zu bringen. Nach der Geburt unseres ersten Kindes war ich ein Jahr ganz zu Hause - bis ich merkte, dass ich mir auf die Dauer ein Leben ohne meinen Beruf nicht vorstellen konnte. Ich habe ein Teilzeitmodell beantragt und bewilligt bekommen, das ganz auf meine familiäre Situation zugeschnitten ist: Ich arbeite zehn Wochenstunden, und fünf davon per Heimarbeitsplatz von zu Hause aus. So muss ich nur einmal pro Woche die relativ lange Anfahrt ins Büro zurücklegen und bin so oft wie möglich zu Hause präsent. Dieses Modell habe ich auch mit zwei kleinen Kindern noch gut bewältigen können. Unsere Kinder waren während meiner Arbeitszeit entweder bei den Großeltern oder im Kindergarten. Derzeit bin ich mit dem dritten Kind schwanger und hoffe, nach einer gewissen Zeit mit einem ähnlichen Teilzeitmodell wieder in den Beruf einsteigen zu können. Mir tut es gut - so gern ich meine Zeit mit den Kindern verbringe - nebenbei noch einen Bereich außerhalb des häuslichen Umfelds nur für mich zu haben. Ich merke, dass ich in meiner Berufstätigkeit nicht nur meine fachlichen, sondern auch meine menschlichen Stärken zum Wohl anderer einbringen kann, und das macht mir Freude. Nach meinen Arbeitstagen im Büro freue ich mich dann aber immer wieder total auf meine Familie und kann die Zeit zu Hause richtig genießen. So anstrengend es im Büro oft ist - ich arbeite in diesen Stunden sehr motiviert und effektiv und gehe anschließend mit neuem Schwung in meinen „Hauptberuf" als Ehefrau
und Mutter zurück."


H.K.
Aus: UNSER WEG, Schönstatt Familienmagazin, 2/2006

www.unserweg.com


 

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