Glückliches Paar © K. Glas

Eine Insel für die Liebe

11.09.2009


Alltag, Windeln und hausgemachter Stress wirken als „Beziehungskiller". Es gilt, diesem Mechanismus immer neu zu entfliehen.

 

„Irgendwie komme ich gar nicht an meinen Mann heran", klagt kürzlich eine Frau. „Er brütet etwas aus und ich bleibe außen vor. Es scheint irgendwie gar nichts mehr zu geben, was wir gemeinsam gerne tun - und was dann vielleicht ein Sprungbrett werden könnte zu einem guten Gespräch." Der Gesprächsfaden ist sehr dünn geworden.

Die Frau ergreift die Initiative und kann ihren Mann motivieren, mit ihr an einem Eheseminar teilzunehmen. Dort bekommen sie unter anderem die Aufgabe, sich zu fragen und dann auszutauschen: Welche Wünsche und Träume habe ich?

Die Erfahrung der Frau ist: „Ich habe noch Träume und Sehnsüchte - es gibt mich noch unter all dem Alltagsstress von Windeln und Haushalt. - Und nicht nur das: Wir liegen in unseren Träumen gar nicht so weit auseinander."

An diesem Wochenende haben sich beide wieder tiefer gefunden.

 

Zweisamkeit vor dem Familienalltag schützen

Mit einer solchen Erfahrungen stehen die beiden nicht allein da. Seit einiger Zeit verfolge ich mit Interesse eine Serie in der Zeitschrift meiner Krankenversicherung. Die Serie nennt sich "Mythologie der Liebe". Der Diplom-Psychologe Volker Barrabas nimmt Paarbeziehungen unter die Lupe. Er zeichnet Fakten und zeigt Chancen auf. Eine Folge überschreibt er so: „Eine Insel für die Liebe - Die Zweisamkeit vor dem Familienalltag schützen".

Er nimmt wahr, dass Paare durch das Dazukommen von Kindern mit einer völlig gewandelten Situation umgehen müssen. „Die Romantik weicht den Windeln und dem vom Baby unterbrochenen Schlaf. Das Paar hat sich in Eltern verwandelt. Wenn dann dem ersten rasch weitere Kinder folgen, finden die Eltern im Alltag kaum noch Zeit, sich als Liebespaar zu erleben."

 

Nur vor dem Fernseher dösen?

Die Familienphase mit Kleinkindern wird von den Eltern oft relativ stabil erlebt. Doch wenn die Kinder größer werden, stellen Paare häufig fest, dass außer den Kindern kaum tiefere Bindung mehr existiert: Das Paar hat sich als Liebespaar verloren.

 

Wer das verhindern will, so betont Volker Barrabas, muss als junges Elternpaar von Anfang an darauf achten, sich kleine Freiräume als Liebespaar zu erhalten. Etwa einen gemeinsamen Abend, an dem nicht vor dem Fernseher gedöst wird, mit Zeit zu zweit - ohne Kinder. Diese Inseln der Zweisamkeit müssen nicht groß sein, aber sie müssen regelmäßig aufgesucht werden.

 

Die Romantik weicht nicht nur den Windeln, sie kann auch dem beruflichen und manchmal hausgemachten Stress weichen.

 

Neue Erfahrung bis in die Fingerspitzen

Eine Frau, über 10 Jahre verheiratet, ist Hausfrau und geht stundenweise arbeiten. Im letzten Jahr bekommt sie einen neuen Chef und schon die erste Begegnung geht ihr durch Mark und Bein. Sie genießt das Gespräch mit ihm, sein Interesse, die seelische Nähe. Sie verliebt sich in ihn. Obwohl nicht viel läuft an Intimitäten, macht sie eine ganz neue Erfahrung bis hinein in die Fingerspitzen ihres Körpers.

Die körperliche Begegnung mit ihrem Mann erlebt sie total anders - „ich bräuchte das gar nicht", sagt sie. Und dann ist es so weit, dass sie ernsthaft überlegt, ihren Mann zu verlassen.

Ein Gespräch gibt den Anstoß, nicht kampflos die Beziehung zu ihrem Mann aufzugeben. Sie beginnt zu kämpfen, geht ihrem Chef so weit möglich aus dem Weg und versucht für ihre Ehe zu beten. Beten ist total schwer in dieser Situation. Der innere Abschied von dem anderen Mann löst viele Tränenströme aus.

Es ist Knochenarbeit.

 

Aufrüttler für die Beziehung

Wie konnte es so weit kommen? Der andere Mann wurde zum Aufrüttler für die Beziehung. Der eigene Mann ist in der freien Wirtschaft tätig - eine Arbeit, die ihn fordert und ausfüllt. Seit einem Jahr allerdings ist die angespannte Situation ausgeartet in Stress pur. Es geht praktisch ums Überleben - und das frisst die Zeit und die Kraft auf. Zum Ausgleich - so erklärt er - braucht er manche Hobbies und ehrenamtliches Engagement - politische Tätigkeit, Tennis. Zu lange haben sie die eigene Beziehung vernachlässigt. Inzwischen haben beide jedoch eine bessere Gesprächsbasis gefunden. Ein gemeinsamer Abend mit gutem Essen hat ihnen vor kurzem - obwohl Fastenzeit - so richtig gut getan.

 

Egal in welcher Ehephase sich ein Paar befindet und welchen Lebenssituationen sich die Beziehung stellen muss, es ist wichtig, sich regelmäßig „Inseln der Liebe und Zweisamkeit" zu sichern.

 

Pater Kentenich empfiehlt, dies wenn möglich sogar wöchentlich zu tun. Für solche Stunden schlägt er vor:

Miteinander zurückschauen: Wie ging es uns in der letzten Zeit?

Miteinander vorwärts schauen: Was steht an?

Miteinander aufwärts schauen: Was will Gott von uns?

Und etwas tun, das beiden Freude macht.

 

Sr. Gertrud-Maria Erhard
In: unser Weg - Schönstatt Familienmagazin, 1/2007
www.unserweg.com

 

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