Aufblühende Rose © K. Glas

Einen Augenblick Zeit für das Wichtigste

06.10.2009


Bei Familie Reich leben drei Generationen unter einem Dach. Welche guten Gewohnheiten ihnen dabei helfen, das Großfamilien-Klima positiv zu prägen, haben sie uns verraten.

 

„Veroonika, Veroonika, wo bist du?" Ich bin auf der Suche nach unserer kleinsten Tochter. Im Garten höre ich sie: „Ooopa." Ich weiß Bescheid. Den kurzen Moment ohne mich hat sie genutzt, um den Opa erfolgreich von seiner Arbeit abzuhalten. Veronika liebt ihren Opa - und Opa liebt Veronika. Er hat seinen Arbeitskittel ausgezogen und schenkt ihr einen Augenblick Zeit für das Wichtigste: Eine Runde gemeinsames Sandspielen.

 

Unter unserem Dach leben drei Generationen. Es rührt sich ständig etwas; wirkliche Ruhe scheint es nicht zu geben. Im Altbau wohnen die Senioren, im Neubau wir Jungen mit unseren Kindern. Das gesamte Erdgeschoss ist mit Laden und Werkstatt ausgefüllt. Die vielen Verbindungstüren lassen Begegnung zu. Unter einem Dach leben wir räumlich und auch menschlich in guter Verbindung zueinander. Welch ein Glück, denn es gibt Großfamilien, die das tägliche enge Miteinander als schwierig und belastend empfinden.

Wieso klappt das bei uns? „Weil du die nettesten Schwiegereltern der Welt hast", sagt meine Freundin Evi. Da hat sie wirklich recht. Und doch gibt es die eine oder andere Gewohnheit, die unser Klima gesund erhält.

 

Kontakt halten - einander Gutes tun

Wir nehmen Anteil am Erleben der Großfamilienmitglieder und erzählen uns - oft zwischen Tür und Angel - was uns beschäftigt, was bei uns ansteht. Wir ziehen nicht stumm aneinander vorbei, wir schenken ein Lächeln, wechseln ein paar Worte.

- „Ich geh' zum Milchholen, soll ich für euch eine Kanne mitbringen?"

- „Du musst doch heute zum Elterngespräch, du kannst Veronika gerne bei mir lassen."

- „Der alte Birnbaum trägt nicht recht, sollen wir ihn im Herbst umsägen?"

Small-talken könnte man abfällig dazu sagen. Ich meine, dass dies die Basis schafft, auch dann in Kontakt miteinander sein zu können, wenn es um ernsthafte Dinge geht.

 

Gute Gewohnheiten pflegen

-         Wir haben uns angewohnt zu klopfen, bevor wir den Wohnbereich der anderen betreten. Das bringt zum Ausdruck: „Ich respektiere deinen Bereich, und darf mir auch meinen bewahren." Gerade wenn sich viel Alltägliches unter einem Dach abspielt, ist das Plätzchen „Privat" nötig, um sich gegenseitig nicht überdrüssig zu werden.

-         Ein Namenstag, ein Geburtstag, ohne dass Oma und Opa zum Frühstücken kommen, ist nicht denkbar. Sie sind die ersten Gäste des Tages. Mit ihrem zuverlässigen Besuch - und Geschenk - machen sie den Tag auch an Schultagen gleich von Beginn an zum Festtag.

-         Der Dienstag ist der Oma-Tag. Da kocht die Oma das Mittagessen und ich hab' kochfrei. Als Dankeschön dafür wandert mal ein selbstgemachter Käse oder ein Laib frisches Brot zur Oma.

Wir freuen uns an der Unterstützung, die wir aneinander haben - fordern sie aber niemals ein. Das erhält unsere Selbständigkeit und Verantwortung für unsere Familie.

 

Ich mein's gut - auch wenn's stinkt

Klar kann ich mich darüber ärgern, dass der Rasenmäher gerade unter meinem Balkon vor sich hinstinkt - ich kann mich ärgern, bin dazu aber nicht verpflichtet. Ich gehe runter und stelle den Benzindampfer an einen anderen Platz. Dabei kann ich mich riesig freuen, dass der Rasen gemäht wurde - und zwar nicht von mir, sondern vom Opa.

Ist es die Sache wert, dass ich das ansprechen muss und dem Opa einen Vortrag über Benzole und deren Giftigkeit halte? Ich habe mir angewöhnt, nicht immer gleich zu agieren - erst mal eine Nacht darüber zu schlafen. Da ist mein aufbrausendes Naturell meist ruhiger geworden und ich kann mein Anliegen vorwurfsfrei anbringen. Ein stinkender Rasenmäher wird kein Luftverschmutzer für das Generationen-Klima sein.

 

Meine Freundin Evi jammert gerne über das schwierige Zusammenleben der Generationen. Da bekam sie folgenden Hinweis: „Liebe Evi, nutze die Zeit gut, bis du einmal Schwiegermutter bist. Lass deine guten Seiten zum Ausreifen kommen. Dann hat deine zukünftige Schwiegertochter einmal allen Grund, sich um ihre Schwiegermutter beneiden zulassen."

 

Aus: UNSER WEG, Schoenstatt Familienmagazin 1/2007
www.unserweg.com

 

© 2024 Klaus Glas | Impressum | Datenschutzhinweise