Die Kraft des Wassers: Niagara Falls, USA © H. Brehm

Ich entdecke dein Potential

12.11.2009


„Als mein erstes Kind vier Jahre alt war, dachte ich: Jetzt weiß ich, wie es geht. Jetzt kann ich ein Psychologiebuch schreiben über Kinder und Erziehung. Inzwischen habe ich vier Kinder und weiß: Ich müsste vier Bücher schreiben."

 

So brachte kürzlich eine Bekannte von uns, eine chilenische Psychologin, ihre Erkenntnis auf den Punkt. Es ist eben nicht so, dass es bei jedem Kind gleich läuft. Jedes Kind hat einen eigenen Charakter, ein eigenes Temperament mit eigener Liebeskraft. Diese Blickrichtung hat für uns als Eltern Konsequenzen - und auch wenn wir in Führungsverantwortung stehen. Jeder unserer Mitarbeiter hat ein eigenes Temperament, ein eigenes Profil, ein eigenes Persönliches Ideal. Auch mein Mitarbeiter ist ein menschgewordener Lieblingsgedanke Gottes. Gott will durch uns handeln. Wenn wir führen und erziehen, orientieren wir uns an ihm. Im Kind soll entfaltet werden, was Gott in seiner Liebe hinein geschaffen hat. Erziehung heißt, dieses Bild zur Entfaltung zu bringen: „Kind, werde was du bist" heißt deshalb die Erziehungsvorgabe.

 

Ich mag dich

Bei diesem Vorgang ist es wichtig, dass wir unser Kind, unseren Mitarbeiter mögen. Es gibt ein Grundgesetz in der Erziehung und Menschenführung: Man darf nicht erzieherisch tätig werden an einem Menschen, den man nicht mag, weil man ihn sonst vergewaltigt. Wir trainieren uns eine Haltung der Ehrfurcht an vor diesem einmaligen Leben. Wenn wir in einem Betrieb oder in einer Firma Menschen führen, gilt es, sie ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen. Durch uns und unser Handeln soll dieser Mitarbeiter immer mehr er selber werden. Wir bestärken ihn und ermöglichen ihm, seinen eigenen, individuellen Weg zu finden. Eigentlich sollte jeder Chef sich Gedanken machen: Wie sind die Stärken, der Charakter, das Profil meines Mitarbeiters? Wie ist sein Persönliches Ideal und wie kann ich ihn entsprechend einsetzen?

 

Gott braucht unsere Hände

Wir sind Werkzeuge in der Hand Gottes. Gott braucht unsere Hände, um zu handeln. Gott will durch uns lieben, führen und erziehen. Er traut uns das zu. Hier entsteht eine „handwerkliche" Aufgabe für uns in Erziehungs- und Führungsaufgaben: Wir lernen hinschauen und wahrnehmen. In einer schnelllebigen Welt ist die Neigung zu Vorurteilen groß. Zu einem wirklichen Urteil über einen Menschen kommt man aber nicht schnell. Dazu bedarf es sorgfältiger Übung. Von Natur aus neigen wir dazu, im Anderen das zu sehen, was wir selber gerne möchten. Wir gehen mit einer Schablone an die Sache heran. Wichtig ist es deshalb, die eigene Vorstellung zurückzunehmen und zu fragen: Wie bist du wirklich? Mit der Haltung zu schauen: Du bist wertvoll. Der liebe Gott hat dich einmalig geschaffen. Den anderen seinem Typ entsprechend zu führen.

 

Was passt zu dir?

Wenn eine Mutter zum Beispiel ihre Kinder bei schönem Wetter motivieren möchte, draußen zu spielen, sagt sie nicht: Die frische Luft ist gesund, wir machen einen Spaziergang. Gesundheit ist für Kinder völlig uninteressant. Um Kinder zu gewinnen, muss man jedes dieser Kinder anders anpacken - seinem Typ entsprechend. Ein Kind, das sehr aktiv und kommunikativ ist, wird gefragt: Möchtest du nicht deine Freunde oder Freundinnen einladen, dann könnt ihr im Garten zusammen spielen? Ein Kind, das mehr auf Wettbewerb und Leistung ausgerichtet ist, kann sich motivieren lassen mit der Frage: Möchtest du nicht schon mal ohne Stützräder Fahrrad fahren? Wenn man die Wertempfänglichkeit, die sowieso vorhandene Bewegungsrichtung im Kind trifft, kommt normalerweise etwas in Gang.

 

Fördern - fordern - nicht über fordern

Wenig selbständigen und weniger kreativen Mitarbeitern ist geholfen, wenn wir ihnen sagen, was sie tun sollen. Sie haben nicht den Ehrgeiz, Dinge selbst zu erfinden. Sie sind zufrieden mit einer Aufgabe, die sie erledigen können. Der Freiraum oder der Anspruch, etwas selbst zu entdecken oder auszuprobieren, kann sogar überfordern. Solche eher rezeptiven Typen sind in der Regel sehr zuverlässig und sorgfältig im Erledigen ihrer Aufgaben. Wenn man einem „Eroberertyp" eine eng umrissene Aufgabe gibt, bei der er keinen Gestaltungs- und Entscheidungsfreiraum hat, tut er sich damit schwer. Der Mitarbeiter wird die Aufgabe auch erledigen, aber das, was in ihm liegt und vorwärts drängt, kann sich nicht entfalten.

 

Teamleiter

Wenn Sie ein Team zusammenstellen für ein Projekt in einer Firma oder in der Pfarrei, setzen Sie es am besten zusammen aus Leuten mit ganz verschiedenen Begabungen. Ein Team, das nur aus Liebes- und Hingabetypen besteht, harmoniert miteinander, aber es fehlt der vorwärtsdrängende Impuls, der das Team weiterbringt. Sind hingegen nur Macher und Eroberertypen am Werk, können die Spannungen die Gruppe sprengen. Man braucht Teamplayer, die für Atmosphäre und Kommunikation sorgen, und solche, die Dinge durchsetzen können. Alle Projekte gelingen nur in einem Klima gegenseitiger Wertschätzung - und darin besteht die Aufgabe des Teamleiters. 

 

Aus: unser weg, Schönstatt Familienmagazin, 3/2007

www.unserweg.com


 

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