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Jetzt liest sie schon wieder...

16.11.2011


Was, wenn das Buch erst gestern erfunden worden wäre ...? Ein Gedankenexperiment lädt zu einer veränderten Sicht auf das Medium Computer ein, der nicht nur Schreckgespenst in unseren Familien sein muss ...

 

Man stelle sich vor: Seit vielen hundert Jahren benutzen wir Menschen das Internet, holen unsere ganzen Informationen aus dem world wide web, sind in ständigem Kontakt mit anderen und genießen diese weltweite Verbundenheit. Unsere Kinder spielen vernetzte Computerspiele und sind im Kontakt mit anderen Kindern auf der ganzen Welt. Dann: Das Buch wird erfunden. Ein Aufschrei geht durch die Gesellschaft. Kinder vereinsamen in ihren Zimmern, vertiefen sich in einzelne Geschichten, haben keine Ahnung mehr, was auf der anderen Seite unseres Erdballs los ist. Wir Erwachsene haben Angst davor, denn wir wissen nicht, wie Robinson Crusoe oder Harry Potter auf die Seelen unserer Kinder wirken, was im Inneren unserer Kinder geschieht und worauf wir keinen Einfluss haben. Außerdem müssen viele Bäume gefällt werden, um Bücher drucken zu können, Müll entsteht – und was sind Bücher nicht für sinnlose Zeitfresser ...

 

Angstfreier Blick?

Wir finden dieses Gedankenexperiment sehr spannend. Wir spüren darin, wie unterschiedlich Sichtweisen sein und welche Wirkung unsere Vorerfahrungen und Gewohnheiten haben können. Wir sind die erste Generation, die herausgefordert ist, einen Umgang mit dem PC und seinen Möglichkeiten zu finden für unsere Kinder und natürlich auch für uns selbst! Das versuchen wir in unserer Familie frei von ängstlichen Vorstellungen aber mit einem kritischen Blick zu machen. Wir möchten unseren Kindern die Möglichkeiten und Chancen vermitteln und ermöglichen und sie befähigen zu einem Umgang, der die Gefahren kennt und mit ihnen umzugehen weiß. Vor einigen Jahren sahen wir einen Spielfilm über den Ruanda-Konklikt zwischen dem Stamm der Hutu und den Tutsi-Rebellen. Es war ein furchtbar grausamer Film, der aber (leider) die Realität gezeigt hat. Dieser Film hat tiefe Spuren hinterlassen. Und wir fragen uns bis heute: Hat der Film unseren Blick auf das Leben erweitert oder unsere Seele verletzt? Diese Frage stellen wir uns auch bezüglich unserer Kinder und den möglichen Einflüssen durch Filme, PC-Spiele und Internet. Was weitet ihren Blick und was schadet ihrer Entwicklung?

 

Anregungen

Wir beobachten, dass der Computer immer wieder Anlass ist für wertvolle Gespräche. Unsere zehnjährige Tochter sah sich das Musikvideo eines Liedes an, das sie zur Zeit ständig hört. Dabei sah ich ihr über die Schultern. Mehr als leicht bekleidete Frauen tanzten lasziv durch den Film, von Männerblicken umringt. Ich nutzte die Gelegenheit, mit ihr über die Wirkung ins Gespräch zu kommen. Was gefällt den Männern wohl an diesen Frauen? Warum machen die das? Möchtest du so angesehen werden? Es war ein sehr gutes Gespräch und ich war froh, nicht einfach gesagt zu haben: Mach doch diesen Blödsinn aus ... Mit unseren Kindern immer wieder ins Gespräch zu kommen über diese bunte und reizvolle Welt, in der betrügerische Absichten so schwer zu erkennen und in denen fragwürdige Kontakte an der Tagesordnung sind, ist uns wichtig. Sie wissen um unsere Ansichten über die Gefahren und Wirkungen der medialen Bilderflut, und wir wissen, dass wir sie nicht immer davor schützen können.

 

Daneben gibt es aber die großen Vorteile, die wir ja auch als Erwachsene in Fülle nutzen: Informationen zu jedem Thema, Gestaltungsidee, E-Mail für schnelle Absprachen. Welchen Nutzen haben wir alleine im Redaktionsteam dieses Magazins davon! Auch geistliche Impulse und andere Anregungen möchten wir Eltern nicht mehr missen. So sind wir selbst als Erste herausgefordert, unseren Umgang mit dem Computer kritisch zu prüfen und seine Gefahren einzuschätzen. Wir sind aber ebenso eingeladen, die Möglichkeiten zu entdecken, die Vielfalt zum eigenen Wohl und dem Wohl anderer Menschen zu nutzen und diese Entwicklungen wertzuschätzen.

 

Aus: unser weg, Schönstatt Familienmagazin 2/2010

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