Ägyptisches Museum - Berlin © K. Glas

Im Duett statt im Duell

17.07.2009

 

Frauen können nicht einparken, Männer reden nicht über Gefühle. Was ist dran - am Klischee vom Unterschied zwischen Mann und Frau? Manches sind Vorurteile, einiges ist erklärbar, etwa mit Hilfe der Evolutions- und Gehirnforschung. Zu Urzeiten mussten die Männer die Sippe schützen und ernähren, da war Reden zweitrangig. Frauen dagegen waren damals schon für das Familiennest zuständig, da waren Reden, Gefühle und Intuition gefordert.

Pater Kentenich, der Gründer der Schönstattbewegung, fand eine griffige, eingängige Formulierung zum Unterschied zwischen Mann und Frau: "gleichwertig, aber andersartig".

In der Ehe erleben wir die Unterschiede hautnah. Viele Ehen zerbrechen an den Spannungen, die sich daraus ergeben. Doch wer um die Unterschiede weiß und sie anerkennt, kann aus ihnen schöpfen in der Ehe, denn positiv verwertet ergeben sie immer ein Mehr an Kreativität, Kraft und Freude.

 

Unterschiedlich: das Gehirn

Die linke Gehirnhälfte (Sitz der Sprache) entwickelt sich bei Mädchen schneller, die rechte Gehirnhälfte (räumliche Orientierung) entwickelt sich bei Jungen schneller. Die linke und rechte Gehirnhälfte sind durch einen Strang miteinander verbunden, der bei Frauen dicker ist und damit 30 Prozent mehr Verknüpfungen zwischen linker und rechter Gehirnhälfte zulässt. Deshalb können Frauen vieles gleichzeitig oder nebeneinander her tun; andererseits verwechseln sie häufiger rechts und links. Sie vermischen bei Gesprächen leichter die Sach- und Beziehungsebene und hören nicht nur auf das, was der andere sagt, sondern beziehen seine Mimik, Gestik und Körperhaltung mit ein.

Männergehirne sind hochspezialisiert - vergleichbar einer Kommode mit vielen kleinen Schubladen und Fächern. Sie sind darauf ausgerichtet, sich auf eine einzige Sache zu konzentrieren. Deshalb nützt es auch nicht viel, einen Mann beim Zeitungslesen aufzufordern, eine andere Arbeit zu erledigen oder ihm mitzuteilen, was er heute gerade noch aus der Stadt mitbringen soll.

Frauen dagegen beschäftigen sich mit zahlreichen Gedanken und Gefühlen gleichzeitig, auch die unbearbeiteten aus der Vergangenheit melden sich regelmäßig zu Wort. Deshalb nutzen gutgemeinte Worte des Ehemannes: „Denk nicht mehr dran!" nicht viel. Eher braucht sie jemanden, der ihr zuhört und sie darüber reden lässt, ohne Ratschläge zu erteilen.

 

Unterschiedlich: das Sehvermögen

Das seitliche Sehvermögen ist bei Frauen größer als bei Männern. Deshalb finden sie auch schneller einen Gegenstand, zum Beispiel im Kühlschrank. Die Frau hat den "Panoramablick": Sie sieht die Gegenstände auf der Treppe liegen und nimmt sie mit nach oben. Der Mann hat den "Tunnelblick". Er will jetzt die Treppe hoch, um oben etwas zu erledigen (zielgerichtet), da übersieht er die Dinge auf der Treppe.

 

Unterschiedlich: die Kommunikation

John Gray sagt: "Die größte Herausforderung für einen Mann ist es, eine Frau zu verstehen, wenn sie über Gefühle spricht. Die größte Herausforderung für eine Frau ist es, den Mann richtig zu verstehen, wenn er nicht spricht."

Bevor der Mann zu sprechen anfängt, grübelt er im Stillen nach, formuliert seine Antwort innerlich vor, dann drückt er sie in knappen Worten aus. Dieser Prozess kann einige Sekunden, Stunden oder auch Jahre dauern. Das verwirrt die Frau. Sie denkt: Ist er abwesend? Bin ich ihm nicht mal 'ne Antwort wert? Liebt er mich nicht?

Eine Frau findet oft während des Sprechens heraus, was sie sagen möchte, ihr Anliegen klärt sich im Reden. Deshalb scheint es, dass Frauen mehr Worte machen, um einen Gedanken auszudrücken - während er von Männern ja schon zusammengefasst kommt.

 

Unterschiedlich: der Umgang mit Stress und Problemen

Eine Frau will reden, wenn sie ärgerlich ist, Probleme oder Stress hat. Ihr wäre am meisten geholfen, wenn ihr Mann sie in den Arm nehmen und vor allem wenn er ihr zuhören würde.

Der Mann sucht eine Lösung, wenn ein Problem auftaucht. Also bietet er seiner Frau Lösungsvorschläge an, die sie aber nicht annimmt (was ihn wiederum ärgert), weil sie gar keine Lösung hören möchte. Sie möchte einfach nur ihre negativen Gefühle aussprechen, damit sie sich in positive verwandeln können. Neulich sagte ein Ehemann: "Das entlastet mich ja unheimlich, wenn ich das weiß. Mich hat immer gestresst, dass ich eine Lösung suchen musste, und keine, die ich anbot, war richtig. Dich in den Arm nehmen und einfach zuhören, ist da um einiges einfacher."

Ein Mann braucht seine "Höhle", in der er sich von Zeit zu Zeit zurückziehen kann, seine Garage, den Garten, den Keller. Er muss zwischen Nähe und Ferne pendeln dürfen. (im Gegensatz zur Frau, die lieber immer Nähe spüren würde). Dort brütet er auch neben dem Tun an seinem Problem. Und wenn er nicht um Hilfe fragt, möchte er auch keine haben. Sonst fühlt er sich inkompetent und unfähig, selbst zurechtzukommen.

 

Was Männer über Frauen wissen sollten

Frauen brauchen Sicherheit

Sie verstehen darunter nicht - wie Männer meinen - ein dickes Konto, einen gut bezahlten Job oder viele Überstunden, sondern emotionale Sicherheit: ein starkes Gefühl der Nähe zu ihrem Mann. Männer fühlen ein ganz starkes Gefühl der Verantwortung, ja die Verpflichtung, das Geld nach Hause zu bringen. Sie definieren sich stark über ihre Arbeit, ihr Selbstwertgefühl ist damit verbunden. So ist ihre Arbeit - unter dem Aspekt für die finanzielle Sicherheit der Frau zu sorgen - ein wichtiges Mittel für sie, ihre Liebe zu zeigen.

Für die Frau sieht das aber ganz anders aus.

 

Wie kann ein Mann seiner Frau das Gefühl von Nähe schenken?

-      Durch gemeinsam verbrachte Zeit, durch das Maß der Zeit und Aufmerksamkeit, die er ihr widmet.

-     Indem er am häuslichen Leben teilnimmt, im Haushalt mithilft, mit den Kindern spielt, ihre Haus- und Mutterarbeit schätzt.

-     Durch kleine Gesten der Liebe: indem er ihre Hand nimmt, den Arm um sie legt, eine zärtliche Handy-Nachricht hinterlässt, einen Kosenamen gebraucht, den kein anderer kennt ...

-     Nähe entsteht, wenn der Mann seiner Frau immer wieder seine Liebe versichert und weiterhin um sie wirbt. (Für ihn ist das ja eine abgeschlossene Sache: Er hat sich vor Jahren um seine Frau bemüht, um sie geworben, sie geheiratet, und nun will er sich wieder anderen Sachen zuwenden - entsprechend seinen verschiedenen "Schubladen".) Aber die Frau ist immer wieder darauf angewiesen, zu hören: "Ich liebe dich!". Sie braucht das auch während eines Konfliktes. So sagte zum Beispiel neulich eine Frau: "Ich will nicht, dass mein Mann ärgerlich wird und mich allein lässt. Ich will nur, dass er mich in den Arm nimmt und sagt: 'Im Moment weiß ich auch nicht weiter, aber wir werden einen Weg finden.' Wenn ich das höre, kann ich ihm auch gerne seinen Freiraum geben."

-     Frauen denken: "Wenn er doch nur verstehen würde, dass ich, wenn ich ein Problem in unserer Beziehung anspreche, ihn keinesfalls kritisieren möchte, sondern nur meine Gefühle mit ihm teilen möchte." Der Autor des Buches "Was Männer über Frauen wissen sollten" schreibt dazu: "Die Forschungen an Hunderten von Frauen haben mich überzeugt: Wir Männer müssen gegen unsere Neigung angehen, die Worte der Frau als Kritik aufzufassen. Wenn wir uns persönlich getroffen fühlen, müssen wir unserem Instinkt, in Deckung zu gehen, die Verteidigung aufzubauen oder schwere Geschütze aufzufahren, widerstehen. Besser ist es, zuzuhören und unserer Frau dadurch die Liebe zu zeigen, die sie auch spüren kann."

 

Was Frauen über Männer wissen sollten

Männer brauchen Respekt

Wenn ein Mann nicht das Gefühl hat, anerkannt und respektiert zu werden, fühlt er sich auch nicht geliebt. So wie eine Frau sich schrecklich fühlt, wenn ihr Mann ihr nie sagt, dass er sie liebt, so ist es für den Mann einfach niederschmetternd, wenn seine Frau ihm nie zeigt, wie viel Achtung sie für ihn empfindet.

 

Wie kann eine Frau ihrem Mann Respekt erfahrbar machen?

-     Durch ehrlich gemeinte Worte wie: "Ich bin stolz auf dich!", "Ich habe vollstes Vertrauen zu dir!"

-     Indem sie sein Urteilsvermögen achtet. Männer wollen keine Frauen, die alles abnicken, aber auch keine, die alle Einschätzungen sofort superkritisch hinterfragen. Manche Männer erzählen, dass ihre Anschauungen und Äußerungen nirgends kritischer aufgenommen werden als zu Hause. Dort würden sie auch Anweisungen erhalten und kontrolliert werden als stünden sie auf der gleichen Ebene wie die Kinder.

-    Indem sie sein Bedürfnis achtet, Dinge selbst herauszufinden. Ein Mann möchte sich von Zeit zu Zeit als Entdecker fühlen, Neuland betreten. Er findet die Funktionen des neuen DVD-Gerätes lieber selbst heraus - ohne Betriebsanleitung. Er sucht sich lieber alleine durch das Straßengewirr, als nach dem Weg zu fragen. Wenn ich als Frau ihn dann auffordere: "Nimm doch die Betriebsanleitung!" oder: "Halt doch an und frage nach dem Weg!", vermittle ich ihm: "Ich traue dir das nicht zu!" Und er schließt unter Umständen daraus: "Wenn sie mir nicht mal das zutraut, dann traut sie mir auch nicht zu, die Familie versorgen zu können!"

-    Eine Frau kann ihrem Mann Respekt entgegenbringen, indem sie akzeptiert, dass Männer eine andere Religiosität haben als Frauen. Der Mann fühlt sich überfordert und nicht gut genug, wenn die Frau ihm ständig ihre Religiosität, ihre Glaubensformen aufdrängen möchte - und ihm mehr oder weniger deutlich zu erkennen gibt: "Es reicht mir nicht, was du tust. Ach wärst du doch anders." Glauben heißt auch: den anderen im Licht sehen. Es ist viel lohnender, die starken Seiten des Ehemannes zu suchen und zu schätzen, als zu erwarten, dass ihm die gleichen Glaubensformen gut tun wie einem selbst. Ein Mann glaubt lieber "handfester". Nicht umsonst werden die zahlreichen Pilgerwege, die zur Zeit entstehen, von Männern erdacht, ausgeführt und auch gegangen.

-    Respekt vermitteln durch einen wertschätzenden Umgang in der Öffentlichkeit: Wie rede ich über meinen Mann - wenn er dabei ist und wenn er nicht dabei ist? Vielleicht ist es witzig gemeint, wenn ich sage: "Wenn mein Mann die Küche verlässt, sieht sie aus wie ein Schlachtfeld!". Aber für ihn ist es höchst peinlich. Warum sage ich nicht: "Ich freue mich immer riesig, wenn mein Mann kocht. Er kann das gut, und mich entlastet es sehr!"

Ein Mann formulierte einmal: "Das männliche Ego ist das Zerbrechlichste, was es auf dieser Welt gibt. Frauen meinen vielleicht, Männer säßen auf einem derart hohen Ross, dass man sie zurechtstutzen müsste. So ist das aber gar nicht. Der Wunsch des Mannes nach Bestätigung ist weniger Ausdruck seines Hochmutes, als die verborgene Angst, nicht gut genug zu sein. Wenn ein Mann sich in der Öffentlichkeit missachtet fühlt, dann wird er tief in seiner Identität als Mann in Frage gestellt."

 

Auf den Punkt gebracht

Paulus sagte schon vor 2000 Jahren: Ihr Männer, liebt eure Frauen! Ihr Frauen, achtet und ehrt eure Männer! (vgl. Eph 5,25; 33) Er scheint diese Unterschiedlichkeit damals schon begriffen zu haben. Also: Es lohnt sich, nicht die Pistolen zu ziehen zum täglichen "Duell", sondern die Stimmbänder zu stärken zum täglichen "Duett"!


Claudia Brehm
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen, 2/2008
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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