Sternenkrieger und Königin © K. Glas

Mann und Frau sind zweierlei

Die Erkenntnis, dass Mann und Frau wirklich zweierlei sind, ist im Laufe von vielen Ehejahren gewachsen. Im Rückblick nach über 40 Jahren Ehe erinnert sich eine Frau an manche Details aus dem schönen und manchmal klippenreichen Ehealltag.

In den ersten Jahren unserer Ehe habe ich gelernt, dass Mann und Frau wirklich zweierlei sind. Mein Mann redet über manches einfach nicht so gern; es ist ihm lästig. Ich bin schon eher die, die gern noch einmal überlegt: „Machen wir es so oder so ... Kann man das nicht auch anders sehen ..." Er sagt dann häufig: „Was wollen wir da jetzt noch darüber sprechen, das ist doch klar, oder?"

 

Ich fuhr einmal eine Beule ins Auto. Meine erste Beule an unserem ersten Auto. Ich kam heim und sagte zu meinem Mann: „Ich habe eine Beule ins Auto gefahren, komm, geh runter und guck dir es an." - „Nein", antwortete er. - „Komm doch und guck es mal an!" „Wenn ich jetzt runtergehe und schaue, geht die Beule dann raus?" -  „Das nicht." - „Also gut." Er hätte niemals mit mir geschimpft. Niemals.

 

Ihm passierte einmal Ähnliches. Den ganzen Tag hatte er das Auto gewienert und als er es dann wieder in unsere enge Garage fuhr, streifte er die Wand und beschädigte die Autotür und den ganzen Kotflügel. Er war fix und fertig. Ich beschwichtige ihn: „Es ist doch niemand zu Schaden gekommen. Und das andere, das bekommen wir wieder hin." Aber er hat das Auto lange nicht mehr in die Garage fahren können. Wenn er von der Arbeit heim kam, stellte er es in den Hof. Wir konnten nicht darüber sprechen. Das ist so seine Art, dass er dann nicht sagen konnte: „Also komm, fahr du es rein, ich kann das noch nicht." Unausgesprochen war das trotzdem klar.

 

In den ersten Jahren unserer Ehe war es schon manchmal schwierig für mich. Ich musste einfach lernen, mit einer ganz anderen Art umzugehen. Einmal war ich ziemlich verärgert.

Da war zwischen uns - die alten Leute sagen - „eine stille Messe". Ich hatte mich geärgert und war beleidigt. Er kam oft abends spät heim und ich hatte das Gefühl, die anderen sind alle wichtiger für ihn. Er hat sich schon bemüht, aber ich war einfach beleidigt. Alles Reden hat auch nicht viel genutzt. In solch einer Situation war er einfach ruhig.

 

In dieser Zeit musste er in Kur. Ich brachte ihn zum Bahnhof. Mir tat es schon leid, dass er wegfuhr. Ich sagte innerlich zu mir: Jetzt stell dich nicht so an. Andere Frauen mussten ihre Männer in den Krieg verabschieden und wussten nicht, ob sie wieder kommen. Dein Mann fährt ja nur zur Kur weg und das ist gut für ihn. Dann ging am Bahnhof noch ein Knopf von seinem Mantel ab. Das war in diesem Moment schlimm für mich - heute muss ich darüber lachen. Es war mir schwer, dass ich ihn nicht mehr annähen konnte.

 

Als er abfuhr, blieb so vieles unausgesprochen zwischen uns. Ich setzte mich einfach hin und schrieb ihm, obwohl ich eigentlich gar keine Schreiberin bin. Wir wollen doch gut miteinander sein, möchten für unsere Kinder das Beste und wollen auch mit Gott unsere Ehe gestalten. Mir war es wichtig, dass nicht tief Innen etwas da ist, das uns mehr auseinandertreibt als zusammen. Ich schrieb, was mich belastet, was mich ärgert und was ich mir einfach anders vorstellte. Und da lernte ich, dass Mann und Frau wirklich zweierlei sind. Er fiel aus allen Wolken. Er hätte niemals geglaubt, dass ich mich über so etwas ärgern könnte. Wir schrieben uns dann ganz schöne Briefe.

Es hat mir geholfen, dass ich schreiben konnte und nicht wie oft im Gespräch vor lauter Tränen wieder abbrechen musste.

Er schrieb zurück, dass es ihm ganz schwer ist, dass ich so empfinde. Er wollte das überhaupt nicht. Er versprach, dass wir darüber noch einmal reden und dass sich das ändert. Und vor allen Dingen fand er wichtig, dass wir nicht so viel aufbewahren. Er hat mich dazu aufgefordert, dass ich einfach alles ansprechen muss, was belastend ist, weil ihm das Sprechen schwerer fällt.

 

Ich habe noch alle seine Briefe und habe sie schon oft und oft gelesen. Irgendwann werde ich sie verbrennen, weil ich sie nicht der Nachwelt überlassen will. Aber nicht einfach so. Ich werde sie an einem 18. ins Feuer geben als Dank an Gott und die Gottesmutter.

 

Es war eine ganz wertvolle Zeit für uns. Deshalb kann ich das nur jedem empfehlen: Wenn man etwas nicht sagen kann, dann kann man es schreiben.

 

Aus: UNSER WEG, Schönstatt Familienmagazin, 2/2006
www.unserweg.com

 

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