20.08.2024
Sie ist entspannt, die Ruhe selbst. Obwohl es der erste Arbeitstag nach dem Sommerurlaub ist. Eine schöne Zeit hatte sie verbracht: mit der Familie und auch ein paar Tage mit Freunden. Eine Zeit, die ihr Kraft gegeben hat, Kraft für alles, was jetzt nun wieder ansteht. Noch haben die Kinder Ferien. Eine Woche. Dann geht auch bei ihnen die Schule wieder los. Die Kinder zu Hause und sie am Arbeitsplatz. Das war vor ein paar Jahren noch ein Kraftakt. Doch nun sind die Kinder größer. Und so sitzt sie hier an ihrem Bürotisch. Hält noch einen kurzen Plausch mit der Kollegin und fährt dann den Computer hoch. Als sie ihr E-Mailpostfach öffnet, muss sie allerdings dann doch etwas schlucken. Mit so viel Arbeit hatte sie nicht gerechnet. Aber was solls. Sie fängt an und einiges scheint wie von selbst zu laufen.
Als sie am Nachmittag heimkommt ist sie müde, aber zufrieden. Sie hat es geschafft Ruhe zu bewahren, die Dinge nacheinander anzugehen. Das ist oft gar nicht so leicht. Vor allem dann nicht, wenn alle an ihr zerren und etwas von ihr wollen. Doch heute hatte sie Geduld, konnte sich auf die unterschiedlichen Dinge einlassen und hatte gute Lösungsideen. Sie könnte jetzt noch etwas mit der Familie gemeinsam machen. Den Kindern vorlesen und gemeinsam ein Spiel spielen. „Wenn doch nur jeder Tag so wäre“, denkt sie.
Am nächsten Morgen sieht alles anders aus. „Dieses blöde Handy!“ Statt die Schlummerfunktion einzuschalten hat sie den Wecker ausgedrückt und prompt verschlafen. Jetzt muss alles schnell gehen. Sie kippt den Kaffee hinunter, verschlingt eine Scheibe Brot, verabschiedet sich von den Kindern und dem Ehemann und hetzt zur Arbeit. Für die Kollegin bleibt heute keine Zeit. Gerade noch rechtzeitig sitzt sie im Büro an ihrem Schreibtisch und schaltet den Computer an. Völlig entnervt wartet sie, bis er hochgefahren ist. Als sie sich endlich einloggen will, reagiert der Computer jedoch nicht. Dabei beginnt das Meeting in fünf Minuten! „Das kann doch nicht sein! Gestern ging er doch noch!“ Sie probiert alle ihr bekannten Tastenkombinationen aus, doch nichts funktioniert. „Immer dann, wenn es schnell gehen soll streikt er! Irgendwann schmeiß ich das Ding noch einmal aus dem Fenster!“ Sie ist wütend und aufgebracht. Von der gestrigen Ruhe und Geduld ist nichts mehr zu spüren.
Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. (Psalm 103, Vers 8)
„Geduld haben – gut, wenn es wenigstens einer hat.“, geht ihr durch den Kopf. In dem Moment kommt ihr eine Idee. Sie atmet einige Male tief durch, erinnert sich an die schöne Urlaubszeit zurück und wagt den Neustart.
Eva
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