Regenbogen in Zell an der Mosel © B.T. Koch

Was unser Sorgenkind mich lehrte

23.09.2009

Eines unserer Kinder ist seit seiner Geburt unser "Sorgenkind" bezüglich seiner Gesundheit, seiner Art und einiger Charaktereigenschaften. Diese Tatsache erforderte viel Geduld in der Erziehung und im täglichen Umgang. Vor allem für mich als Mutter blieb unser Junge das "Sorgenkind", auch noch, als er bereits erwachsen war. Sein Lebensstil entsprach in vielem nicht dem meinigen, und was er tat oder nicht tat, wurde von mir mit anderen Augen gesehen und beurteilt als von ihm. Ständig gab es Gelegenheiten zum Kritisieren. Meine gut gemeinten Ratschläge und Empfehlungen waren nicht nach seinem Geschmack und wurden deshalb fast immer von ihm ignoriert. Unser Verhältnis wurde immer gespannter. Er ging mir aus dem Weg, und kam es doch mal zu einem Gespräch, endete es meist in Missklang und Streit. Auch die Beziehung zu meinem Mann litt unter der Situation, denn er sah alles viel gelassener als ich. Oft war ich sehr deprimiert, ja, verzweifelt, und die trüben Gedanken kosteten mich so manche schlaflose Nacht.

 

Weil ich mich so ohnmächtig fühlte, wandte ich mich an die Gottesmutter. Mit ihr konnte ich ganz offen reden. Sie verstand mich, war sie doch auch eine Mutter, die sich um ihren Sohn gesorgt hatte. Zum Beispiel damals, als sie den Zwölfjährigen in Jerusalem suchte. Oder später, als Jesus predigend umherzog und seine Verwandten ihn zurückholen wollten.

Ich sagte also: "Gottesmutter, ich bin am Ende meiner Kraft. Darum trete ich dir alle Mutterrechte ab, übergebe dir aber auch alle Sorgen und Pflichten. Er ist von jetzt an dein Sohn. Ich will mich ganz zurücknehmen und alles dir überlassen, du hast die ganze Verantwortung für ihn. Gebrauche mich als dein Werkzeug nach Gottes Plänen und hilf mir erkennen, was ich tun soll."

 

Seit jenem Gebet hat sich im Verhalten unseres Sohnes nichts Wesentliches verändert. Doch mir ist die Angst und das ständige Zersorgen genommen. Es ist ja nicht mehr meine Sache, meine Verantwortung, sondern die der Gottesmutter.

Inzwischen sehe ich vieles aus einer anderen Perspektive und mit gewissem Abstand. Zum Beispiel habe ich manche positiven Seiten und Verhaltensweisen an unserem Sohn entdeckt, die ich früher gar nicht wahrgenommen hatte. Wir können ohne Anspannung miteinander umgehen und sprechen, und es ist eine gute Atmosphäre entstanden.

"Nicht ich muss alles 'hinkriegen', sondern ich darf abgeben. Gott und die Gottesmutter können das viel besser, wenn ich es ihnen nur überlasse." Diese Erfahrung ist für mich zur Realität geworden. Alle Hoffnung auf SIE zu setzen, das war für mich die beste "Therapie".

 

A. S.
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen
www.zeitschrift-begegnung.de

 

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