Foto: Marianne J. / pixelio.de

(V)erzogene Erzieher

19.06.2013


Mit manchem Verhalten unserer Kinder können wir schwer umgehen. Da lohnt es sich, bei sich selbst zu beginnen.

 

Bernhard:

Neulich bei mir im Büro: Während ich arbeite, ruft meine Frau (mein Büro ist im 2. Stock), dass es jetzt Essen gibt. Ich antworte reflexartig: „Komme gleich!“ – und beiße mir fast augenblicklich auf die Zunge. Mir fällt nämlich auf, von wem ich diesen Satz häufig höre: von unseren Kindern, wenn ich rufe. Und mir fällt ein, wer sich dann wahnsinnig über diesen Satz aufregt: nämlich ich. Ich schreibe also „nur kurz“ was fertig und stehe dann auf.

 

Ein Griff noch nach der Schokoladentafel, die neben meinem Rechner liegt, noch eine kleine Wegzehrung für den langen Weg die Treppe runter in die Küche. Als ich die Schokolade im Mund genüsslich zergehen lasse, kommt mir ein zweiter Gedanke: Hatte ich heute nicht meinen Kindern eingeimpft, dass es Süßigkeiten nur einmal am Tag gibt und das auch nur nach Rücksprache mit uns? Ja, ja die Süßigkeiten sollen etwas Besonderes bleiben und nur selten genossen werden. Das wievielte Schokoladenstückchen gerade in meinem Mund zergeht, weiß ich nicht mehr.

 

„Will ich zum Beispiel mein Kind zu mehr Disziplin erziehen, dann muss ich erst überlegen, wieviel Disziplinlosigkeit es noch in meinem Leben gibt. Ehe ich einschreite, muss ich also an mich selber die Hand anlegen. Tue ich das nicht, dann weckt das keine Änderungsbereitschaft. Alle Not und alle Unart unserer Kinder muss also erst durch unser Herz gehen, ehe eine Reaktion von den Lippen weitergegeben wird. Man spricht in diesem Zusammenhang vom erzogenen Erzieher.“ (aus: Hug, Neubauer, Schiffl, „Unser größter Schatz“, S. 46)

 

Bettina:

Wir beobachten immer wieder, dass Verhaltensweisen der Kinder, an denen wir uns stören, sehr oft mit uns und unserem Verhalten zu tun haben. Das sind zum Bei spiel Gewohnheiten, die wir selbst nicht im Griff haben. Wenn wir diesbezüglich erst mal an der eigenen Baustelle arbeiten, werden wir barmherziger mit unseren Kindern sein.

 

Wir hörten kürzlich, wie eine Erzieherin, als sie Schönstatt kennenlernte, die Kentenich- Pädagogik für sich prüfte: Sie hatte massive Schwierigkeiten mit einem Kind im Kindergarten und setzte das Prinzip „Leben entzündet sich am Leben“ praktisch um. Das bedeutete, sie beobachtete sich selbst, wie sie persönlich mit dem Problem umging und erzog sich dann selber. Daraufhin hatte sie keine Schwierigkeiten mehr mit diesem Kind.

 

Bernhard:

Diese Art von Erziehung stellt sehr hohe Ansprüche an uns. Wir spüren, wir sind auf die Wandlungskraft und Mithilfe Gottes und der Gottesmutter angewiesen. Wie gut, dass wir mit ihnen und miteinander auf dem Weg bleiben dürfen.

 

Aus: unser weg, Schönstatt Familienmagazin 2/2012

www.unserweg.com


 

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