Tür © TP

Interviews mit Frauen: Angst in Ehekrisen bewältigen

16.08.2009


Wir alle erleben "gute" und "böse" Tage in unseren Ehen. Aber dann gibt es Zeiten, in denen das gegenseitige Vertrauen so zusammenbricht, dass wir keine Chance mehr zu neuer Nähe und Wertschätzung sehen. Angst bricht auf, und es wird deutlich, dass die in der Kindheit erlernten Muster, mit Konflikten umzugehen, das Eheleben erschweren.

 

Frau A., wie äußert sich die Angst bei Ihnen?

 

Frau A.: Für mich ist Angst äußerst negativ, lähmend. Wenn ich es bildlich beschreiben sollte, würde ich sagen: Es fällt ein Tor zu, eine Tür schnappt ein. Ich fühle mich eingesperrt, abgetrennt von den anderen - alles dunkel, ausweglos. Und hinter dieser Tür kann ich dann viele Tage verbringen. Bei mir rollt die Angst nicht an, sie steigt nicht langsam hoch, sie stülpt sich einfach über mich. Durch viele Gespräche mit einer Freundin hat sich dieses Bild in letzter Zeit verändert, jetzt stellt sich meine Angst eher wie eine Mauer dar.

 

Heißt das, die Angst ist größer geworden oder kleiner und eher zu bewältigen?

 

Frau A.: Ich empfinde diese Wandlung als hoffnungsvoll. Eine Mauer kann auch Löcher haben. Sie kann stabil sein, sie kann auch zerfallen. Ich beschäftige mich stark mit Mauern, auch in meinem Alltag. Ich suche Mauern auf Postkarten, Bildern, schaue mir Zäune und Mauern von Vorgärten an. Ich habe den Eindruck, hinter einer Mauer kann ich eher wieder hervorkommen, da sitze ich nicht so ausweglos dahinter wie bei einer Tür, die ins Schloss gefallen ist.

 

Wann tritt diese Angst bei Ihnen auf?

 

Frau A: Wenn ich mich von meinem Mann nicht verstanden fühle oder wenn ich merke, er hat mir irgendetwas nicht erzählt. Das können ganz banale Dinge sein. Ich denke dann, wenn er mir schon die banalen Dinge nicht erzählt, wie viel weniger wird er es dann bei den wichtigen Dingen tun. Dann bekomme ich Angst, sein Verständnis und die gegenseitige Nähe zu verlieren, ja, ihn zu verlieren. Ich möchte über vieles reden - und viel darüber reden. Doch für ihn ist das Gespräch nicht so wichtig. Er drückt lieber alles in einem Satz aus. Anstatt dies dann als "typisch Mann" und "typisch Frau" einzuordnen, bekomme ich Angst. Ich höre wieder, wie meine "Angsttür" zuklappt und ich nicht mehr herausfinde ...

 

Unsere Ehe war mit der Zeit schwer belastet, weil ich mich - wenn ich mich über meinen Mann geärgert hatte oder dachte, er versteht mich nicht - total zurückzog hinter meine Tür und nicht mehr mit ihm redete. Ich hatte das als Kind so gelernt. Wenn meine Mutter einen Ärger auf mich hatte, hat sie tagelang nicht mehr mit mir geredet. Offensichtlich habe ich dieses "Modell" unreflektiert in meine Ehe mitgenommen. Mein Mann entwickelte mit der Zeit natürlich auch Angst - Angst vor meinen Reaktionen, und sprach deshalb manches erst gar nicht mehr an. So wurde vieles unter den Teppich gekehrt, was uns beiden gar nicht gut getan hat.

 

Was hat Ihnen geholfen, den Weg "hinaus" anzutreten?

 

Frau A.: Am meisten hat mir das Gespräch mit einer guten Bekannten geholfen, mit der ich immer und immer wieder an diesem Thema dran bin. Sie kann sehr gut zuhören und bleibt bei sich. Ich schätze sehr an ihr, dass sie mich als ihre Freundin versteht, aber auch die Position meines Mannes. Dadurch relativiert sich manches in mir. Ich schaue nicht nur mit meinen Augen, sondern kann den Blickpunkt auch mal ändern. Leute, die mich nur bestätigen, sind wenig hilfreich. Neulich war ich zusammen mit meinem Mann bei ihr, auch das war sehr hilfreich. Sie erklärte meinem Mann diese Vorgänge, die sich in mir abspielen, wie das ist, wenn die Angst kommt und ich nichts mehr rede - Dinge, die ich ihm nie mitteilen konnte. Seither versteht er mich besser und fragt auch schon mal scherzhaft: "Stehst du wieder hinter der Mauer?" Er spricht es an, geht auf mich zu, und das hilft mir.

 

Die neue Jahreslosung heißt: "...und du bist dabei!" Was sagt sie Ihnen?

 

Frau A. Die drei Punkte zu Beginn stehen für mich für all die unterschiedlichen Lebensbereiche, die zu mir gehören. Und mit denen, mit allem, was zu mir gehört, bin ich aufgenommen, bin ich angenommen, eingeladen in eine Gemeinschaft. Ich gehöre in meinem Sosein dazu, ich muss nichts von mir verstecken, alles von mir darf mit. Das lässt mich nach vorne blicken.

 

Die Interviews führte Claudia Brehm
Aus: BEGEGNUNG - Zeitschrift aus Schönstatt für Frauen, 1/2008

www.zeitschrift-begegnung.de

 


 

© 2024 Klaus Glas | Impressum | Datenschutzhinweise