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Meinem Gott will ich singen – darf aber nicht

17.03.2021

Klaus Glas

Ich will den Herrn loben mein Leben lang! Meinem Gott will ich singen, solange ich bin!“ (Ps 104, 33). Schön wär's! Singen in der Kirche während der Corona-Krise? Ist nicht!
So heißt es etwa in einer Anweisung des Bistums Fulda: „Auf Gemeindegesang sowie auf die musikalische Gestaltung durch Chor oder Orchester muss verzichtet werden.“ Wie traurig steht eine Kirche da, die ihre MitarbeiterInnen nüchtern dazu anhält, bei der kirchlichen Trauung seien die Brautleute „über die Einschränkungen..., kein Gemeindegesang, musikalische Gestaltung nur mit größerem Abstand..., zu informieren“.

[Anweisung für Geistliche, kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie im Bereich der kirchlichen Vereine und Verbände zur Bekämpfung des Coronavirus (Lesefassung nach der 7. Änderung vom 16.12.2020)].

 

Ich bin kein angestellter Mitarbeiter der Kirche bin. Aber ich möchte mich mit solchen Dingen einfach nicht abfinden. Die katholische Kirche ist m.E. zu schnell zum Erfüllungsgehilfen der Regierenden geworden. Es fehlt mir die Einmischung der Deutschen Bischofskonferenz, die Verhältnismäßigkeit mancher Corona-Maßnahmen zu hinterfragen. Empörung und mutige Vorschläge wären angesagt. Stattdessen erlebe ich seit Monaten Angst und Rückzug. In meiner früheren Heimatgemeinde finden seit Ende Dezember vorigen Jahres keine öffentlichen Gottesdienste mehr statt. Auf der Webseite der Pfarrei heißt es, die Verantwortlichen hätten sich darauf verständigt, weiterhin „bewusst vorsichtig“ zu sein „aufgrund der Corona-Mutationen.“ Als ob Mutationen danach einfach verschwinden würden! Mutationen sind spontan auftretende, dauerhafte Veränderungen des Erbgutes. Das war so und wird so bleiben: wie es im Anfang war und ist und bleiben wird so jetzt und immerdar.

 

Ich weiß schon, wie es mir nächstes Jahr in der Kirchenbank gehen wird, wenn mir ein vormals Corona-ängstlicher und geimpfter Geistlicher mit „Fürchte Dich nicht!“ und anderen Bibelversen gegen die Angst kommt. Da würde ich am liebsten aufstehen und rausgehen. Statt auf sorgenvolle Priester zu hören - das ertrage ich -, lese ich derzeit Sonntags lieber den streitbaren Prantl („Not und Gebot: Grundrechte in Quarantäne“). Der frühere Leiter des Ressorts Innenpolitik und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung liest seit Beginn der Corona-Krise den Kirchen die Leviten. Schon im Mai 2020 hatte Heribert Prantl in einer Kolumne der Zeitung kritisiert: „Weihwasserbecken leeren! Anwesenheit eintragen! Hände desinfizieren! Mundschutz anlegen! Auf markierte Plätze setzen! Gesangbuch verboten! Singen verboten! So steht das in kirchlichen Schutzkonzepten und Teilnahmebedingungen - in einer Mischung aus Furcht, Liebedienerei und Beflissenheit.“

 

Einige evangelischen Kirchengemeinden sind mutiger als die katholischen. Sie feiern Summ-Gottesdienste. Die Idee dahinter: beim Summen werden weniger Tröpfchen ausgestoßen als beim Singen. Meine Frau und ich machen es genau so. Wir summen die Lieder des Gotteslobes mit. Der Mund ist dabei geschlossen, aber nicht verschlossen. Denn wir hören uns, wir hören einander, wir hören Gottes Melodie in uns.


 

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