Sagrada Família, Barcelona © K.Glas

"Ich muss immer mit in die Kirche!"

04.04.2011


... das hört man oft von Kindern, deren Eltern viel Mühe darauf verwenden, ihnen den Wert des Sonntagsgottesdienstes nahe zu bringen. Zwang oder Freiheit?

 

Mit Eis und Bilderbüchern

In der Münchner Kirchenzeitung lasen wir, dass Familien ihren Kindern den Sonntagsgottesdienst versüßen, indem sie anschließend mit ihnen Eis essen gehen. Der Gedanke: Der Gottesdienst, der für Kinder nachvollziehbar oft recht langweilig ist, mit dem Angenehmen und Schönen des gemeinsamen Besuchs der Eisdiele zu verbinden. In unserer Pfarrei gibt es eine Ecke für die Kinder, mit Maltisch und Büchern, mit Teppichboden und der Jahreskrippe, die abwechslungsreich biblische Szenen darstellt. Kinder dürfen sich bewegen, und wenn sie gar zu unruhig werden, lädt sie unser Messner ein, mit einem Elternteil in die Sakristei zu gehen. Dort kann der Gottesdienst über den Lautsprecher weiter verfolgt werden. Zweimal im Monat wird der Kinderbibelgarten angeboten, der speziell auf die Bedürfnisse der Drei- bis Siebenjährigen abgestimmt ist und sie in den Mittelpunkt stellt. Es wird an vielen Orten viel dafür getan, dass Kinder sich in der Kirche willkommen fühlen dürfen.

 

Mit Druck?

Freunde erzählen uns auf der anderen Seite von ihrer inneren Not, wenn ihre heranwachsenden und erwachsenen Kinder nicht mehr in den Sonntagsgottesdienst gehen möchten. Auch uns beschäftigt diese Frage seit einiger Zeit. Wir haben unsere Kinder seit Beginn ihres Lebens ganz selbstverständlich mit in den Gottesdienst genommen, haben den oben beschriebenen Kinderbibelgarten initiiert und gestalten mit ihnen und auf sie abgestimmt zu Hause tägliche und jahreszeitliche Rituale. Die Kinder für den Gottesdienstbesuch zu begeistern ist uns nicht gelungen. Um ihren Wünschen entgegenzukommen, gestehen wir ihnen einen „gottesdienstfreien“ Sonntag im Monat zu. Um es gleich zu sagen: Dieser Weg ist mit unseren diskussionsfreudigen Kindern (acht bis elf Jahre) auch nicht konfliktfrei und führt uns die Schwierigkeit dieser Situation immer aufs Neue vor Augen. Wir spüren die Ambivalenz: Auf der einen Seite wissen wir, dass regelmäßiges Tun Sicherheit schenkt, dass das Prinzip der Lust an vielen Stellen im Leben nicht tragfähig ist, und dass auch im Tun vermeintlich gewohnter und „langweiliger“ Dinge unerwartet freudige Momente stecken. Auf der anderen Seite spüren wir, dass Druck zu Gegendruck führen kann und auch die Freiheit eingeübt werden möchte. Eine befreundete Familie hat acht erwachsene Kinder. Alle mussten immer mit in den Gottesdienst. Heute leben vier der Kinder in großer Kirchennähe – zwei Geistliche Berufungen, zwei Religionslehrer – die anderen vier Kinder betreten heute keine Kirche mehr.

 

Mit Gottvertrauen

Für mich stellt sich damit die Frage nach dem Ziel unseres Handelns.

  • Wenn unser großer Sohn berichtet, wie er vor schwierigen Situationen ein Stoßgebet zum Himmel schickt,

  • Wenn ich sehe, wie unsere Tochter beim Ins-Bett-gehen noch ein gemeinsames Gebet mit mir sprechen möchte aus dem Kalender, den sie zur Erstkommunion geschenkt bekam,

  • Wenn wir wahrnehmen, mit welcher Innigkeit und Freude sie alle paar Wochen ihre abendlich geschriebenen Dankzettel verbrennen,

 

dann spüren wir, dass Samen aufgegangen sind. Vielleicht sind wir als Eltern dafür zuständig, dass Samen auf fruchtbaren Boden fallen können. Aber welche Pflanzen daraus entstehen, liegt nicht allein in unserer Hand.

 

Aus: unser weg, Schönstatt Familienmagazin 4/2009

www.unserweg.com


 

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